Wie lebt es sich eigentlich mit Legasthenie?

Etwa vier Prozent der Schülerinnen und Schüler sind in Deutschland von Legasthenie betroffen. Doch was bedeutet das eigentlich? Unser Jugendreporter ist selbst betroffen und berichtet über seine Erfahrungen.
Von Alexander Kubsch, Klasse 10a, Stadtteilschule St. Georg in Hamburg

Legasthenie ist das Fremdwort für Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS). Davon Betroffene haben große Schwierigkeiten beim Lesen oder Schreiben, obwohl sie nicht minder intelligent als ihre Mitmenschen sind. Eine Legasthenie wirkt sich meistens auch auf das Erlernen einer Fremdsprache aus, so dass auch dort die Leistungen reduziert sein können. Ich persönlich bin auch von Legasthenie betroffen, mein Leben unterscheidet sich allerdings nicht groß von dem meiner Mitschüler, obwohl ich eine recht stark ausgeprägte Lese- Rechtschreib- Schwäche habe. Grund hierfür ist, dass meine Legasthenie in der ersten Klasse entdeckt wurde.

Diagnose oft zu spät festgestellt

Eine Legasthenie wird meistens in der Grundschule mithilfe eines Rechtschreibtests festgestellt. Wenn Rechtschreibprobleme wiederkehrend auftreten, sollte der Schüler zusätzlich einen Intelligenztest beim Arzt oder Psychologen machen. Damit kann sichergestellt werden, dass der Schüler nicht allgemein in seiner Intelligenz beeinträchtigt ist, sondern nur im Bereich des Lesens und Schreibens eine Schwäche hat. Das wird auch als Teilleistungsschwäche bezeichnet.

Leider wird eine solche Diagnostik oftmals nicht oder auch zu spät durchgeführt. Das kann dazu führen, dass der Schüler in seinen Leistungen falsch eingeschätzt und als weniger intelligent gehalten wird. Aus diesem Grund haben es Betroffene oftmals sehr schwer in der Schule. Und immer wieder führt dies schließlich zu Mobbing der Betroffenen durch andere Schüler.

Therapie langwierig und kostenspielig

Doch nicht nur aufgrund von Mobbing haben es Schüler mit Legasthenie schwer im Schulalltag. Seine Probleme liegen in einem zentralen Bereich für alle Schulfächer, dem Lesen und Schreiben. Er wird also in fast jeder Unterrichtsstunde damit konfrontiert. Seine allgemeine Lerngeschwindigkeit kann durch die Probleme reduziert werden. Er bekommt auch immer wieder negative Rückmeldungen, die sein Selbstbewusstsein beeinträchtigen können. Im Laufe der Zeit kann hierdurch kann eine Schulunlust entstehen.

Wenn ein Schüler mit seinen Problemen allein gelassen wird, kann er diese in der Regel nicht überwinden. Er braucht fachmännische Förderung und muss über viele Jahre an seinen Schwächen arbeiten. Eine wirksame Hilfe ist sehr schwer zu finden und muss in den meisten Fällen von den Eltern finanziert werden. Leider scheitern bereits daran viele, denn die professionellen Therapien sind kostspielig und müssen über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden.

Nachteilsausgleich bietet Ansatz zur Chancengleichheit

Zum Glück hat sich in den Schulen einiges getan, um für Legastheniker gewisse Chancengleichheit zu gewährleisten. Vorteilhaft ist beispielsweise ein Nachteilsausgleich, bei dem eine Extrazeit zur nachträglichen Korrektur des Geschriebenen gewährt wird. Die Zeit des Nachteilsausgleichs beträgt 15-30 Minuten. Trotz des fairen Nachteilsausgleichs können Schule und Staat noch mehr für Legastheniker wie mich tun, indem sie mehr qualifizierte Hilfe bereitstellen und diese vor allem für ärmere Schüler auch finanzieren.

Außerdem sollten die Schulen die von Legasthenie betroffenen Schüler nicht einfach in kleine Gruppen stecken dürfen, nur weil sie befürchten, dass sie die Klasse im Lernerfolg verlangsamen könnten oder nicht wissen, wie sie mit ihnen umgehen sollen. In der Grundschule musste ich in eine solche Sondergruppe mit anderen Schülern,. Das war leider keine hilfreiche Maßnahme, denn durch den Sonderunterricht habe ich den Anschluss verloren und meine Noten litten unter dem Stoffverlust. Das hat sich bis zur siebten Klasse nicht geändert, doch dann habe ich durch Schule und Lehrer konkrete Hilfestellung bekommen, die mir wirklich geholfen hat.

Quelle: Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie

Von Reinickendorf bis Bochum, von Fulda bis Ottensen – überall schreiben Schülerinnen und Schüler Artikel über das, was um sie herum passiert. Jeder und jede aus ihrer eigenen Sichtweise, mit eigener Meinung und eigenem Schwerpunkt. Bei all den Unterschieden eint sie, dass sie mit ihrer Klasse an MEDIACAMPUS teilnehmen, dem medienpädagogischen Projekt der Funke Mediengruppe. Das erlernte Wissen wenden sie dann praktisch an, indem sie erste journalistische Texte schreiben. Auf funky können sie die Früchte ihrer Arbeit präsentieren.