Auswertung der Wunsch-Schlagzeilen 2019: Was wirklich geschah

Das wollten die Jugendlichen 2019 in der Zeitung lesen - und das passierte wirklich.
Das wollten die Jugendlichen 2019 in der Zeitung lesen - und das passierte wirklich.
Wie schön wäre es, wenn wir unsere Schlagzeilen selber schreiben könnten – und das Erwünschte dann auch noch Realität werden würde? Vollends geklappt hat das im Falle unserer Jugendredaktion leider nicht. Zu Beginn des Jahres titelten sie ihre Wunschschlagzeilen für 2019. Doch einige hatten gar keinen schlechten Riecher!

BERLIN Geringverdiener in die Innenstadt
Das Land Berlin kauft in großem Stil mehrere Wohnhäuser in zentraler Lage. Die Mietpreise pro Quadratmeter sollen unter 7,50 Euro liegen. (Antonia Eichenauer, 26)

Das erste Update zu dieser Schlagzeile gab es schon Anfang des Jahres. Die „Berliner Morgenpost“ titelte am 10. Januar „Bezirke schnappen Investor 260 Wohnungen weg“ und machte damit bekannt, dass der Bezirk Mitte mehrere Wohnhäuser gekauft hat, in denen zum Teil zum Kaufzeitpunkt noch Mieten von unter fünf Euro pro Quadratmeter kalt verlangt werden. Im Juli wurde der Kauf von Wohnungen an der Karl-Marx-Allee bekannt gegeben. Entscheidender Kicker dieser Meldung vom rbb: „Kaufvertrag beurkundet“. Denn dieser Kauf wurde von einer energischen Diskussion begleitet. Auch Mut machend ist ein O-Ton des Regierenden Berliner Bürgermeisters Michael Müller: „Ich möchte, dass die Berlinerinnen und Berliner sich das Wohnen in der Stadt auch weiterhin leisten können.“ Im September dann dieser Titel bei rbb24.de: „Land Berlin kauft 6000 Wohnungen zurück“. Es geht um Wohnungen in Spandau und Reinickendorf – nicht gerade eine zentrale Lage, aber das ist ja bekannterweise auch immer eine Frage der Perspektive. Ein Thema, das uns das gesamte Jahr begleitet hat, ist die Volksinitiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“, die sich dafür starkmacht, dass Immobilien von Unternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen in eine städtische Genossenschaft überführt werden.

BRAUNSCHWEIG Für jedes Dorf einen Bäcker
Die Bundesregierung beschließt, ihren Fokus im Jahr 2019 auf Dörfer mit weniger als 5000 Einwohnern zu legen. Die Infrastruktur soll in allen Bereichen verbessert werden. (Marlen Herberg, 18, Malte Döring, 16, und Hannes Beyer, 16)

Gleichwertige Lebensverhältnisse – in Ost, West, Nord und Süd, Stadt und Land – sind im Grundgesetz verankert. In Artikel 72, Absatz zwei steht das. Die Schlagzeilen, die man dieses Jahr zum Thema Bäcker, Dörfer und Infrastruktur lesen konnte, waren wenig euphorisch. Im Heimatministerium von Horst Seehofer werden diese Themen erörtert. Seehofer versteht Heimatpolitik nämlich als Strukturpolitik – und ist damit nah dran an dem Wunsch der Jugendlichen. Aber nein – Ende des Jahres 2019 hatte nicht jedes Dorf einen Bäcker.

THÜRINGEN Klimaschutz im Lehrplan verankert
Nachdem sich die Weltbevölkerung zusammengetan hat, gemeinsam den Klimawandel zu stoppen, ziehen die Schulen in Thüringen nach. Klimaschutz hat nun einen festen Platz im Lehrplan. (Pauline Weinrich, 15)

Im November wurde die große Überraschung verlündet: Italien führt das Schulfach „Klimawandel“ ein. Huch, damit hätte man nicht unbedingt gerechnet. Italien sei das erste Land weltweit, dass das Fach einführe, sagte der zuständige Bildungsminister. Über alle Klassenstufen hinweg wird sich von nun an einmal in der Woche an öffentlichen Schulen mit dem Klimawandel, dem Umgang verschiedener Kulturen damit und der weltweiten Klimapolitik beschäftigt.
Aber auch in Thüringen ist der Klimawandel beziehungsweise Nachhaltigkeit im Lehrplan verankert. An Haupt- und Realschulen gibt es das Fach Wirtschaft-Umwelt-Europa, an Gymnasien wird sich in verschiedenen Fächern, zum Beispiel Biologie und Geografie, mit der Nachhaltigkeit auseinandergesetzt.


Donald Trump macht einen Rückzieher
„Ich habe erkannt: Ich kann das nicht“, sagte Donald Trump auf der Pressekonferenz und kündigte damit seinen Rücktritt an. (Margarethe Neubauer, 24)

Von dieser Einsicht ist Donald Trump sehr weit entfernt. Aber die Oppositionsführerin Nancy Pelosi hat am 5. Dezember erklärt, nachzuhelfen. Sie strebt ein Impeachment-Verfahren gegen Trump an. Im Jahr 2019 werden da allerdings keine Folgen erwartet, der Prozess ist aus guten Gründen langwierig und komplex. Aber: Noch vor Weihnachten stimmt das Repräsentantenhaus darüber ab, ob das Verfahren offiziell beginnt und an den Senat weitergegeben wird. Funky hat dazu schon getitelt „So einfach werden wir Trump nicht los“. Und tatsächlich wird gerade diskutiert, warum es nicht so einfach wird, das Impeachment durchzubekommen.

Rechtsruck in Europa nimmt wieder ab
Menschen überall in Europa würden keine rechtspopulistischen Parteien wählen, zeigen Umfragen. Stattdessen steigt die Toleranz, vor allem geflüchteten Menschen gegenüber. (Moritz von Blittersdorff, 15)

2019 gab es unterschiedliche Schlagzeilen zum Thema Rechtsruck in Europa. Der befürchtete Massenzulauf bei den rechten Parteien blieb bei den Europawahlen aus, Grüne und Liberale konnten sich durchsetzen. Häufig aufgegriffen wurde auch die Entstehung von Vorbehalten. Krisenzeiten sind prädestiniert für Ressentiments, und in solchen befinden wir uns gerade. Die Bertelsmann Stiftung wiederum zeigt in einer Umfrage, die im August vorgestellt wurde, dass die Skepsis gegenüber Migration in Deutschland zwar zurückgegangen ist, aber immer noch hoch ist. Die Stiftung spricht von einer „noch jungen Willkommenskultur“ in Deutschland. In Magdeburg wurde in diesem Jahr die Debatte zur „Offenen Stadt Magdeburg“ geführt. Im Stadtrat wurde der Antrag „Magdeburg, eine Stadt für Weltoffenheit, Toleranz und Courage“ verhandelt, der am Ende nur von der AfD abgelehnt wurde.

Als ich mit der Schule fertig war, wollte ich nur einen Job, der mir nie langweilig wird. Die Kulturszene, dachte ich mir, ist doch eine Szene voller Wandel. Deswegen habe ich Kulturarbeit studiert. Später habe ich festgestellt, dass es im Journalismus noch mehr Abwechslung gibt, weil man stets auf der konkreten Suche nach den neuen heißen Themen ist. Doch weil über Vergangenheit und Gegenwart schon so viel geschrieben wird, studiere ich nun Zukunftsforschung und schaue, ganz ohne Glaskugel, in die Zukunft.