Gegen den Hass im Netz

Cybermobbing-Experte Lukas Pohland im Klassenzimmer
Immer mehr junge Menschen werden über ihre Smartphones und soziale Medien schikaniert. Lukas Pohland und sein Verein Cybermobbing-Hilfe bieten Mobbingopfern ein offenes Ohr.

Man hat in der Regel immer sein Handy dabei, schreibt damit Nachrichten, recherchiert Busfahrpläne und Mathehausaufgaben oder postet in sozialen Medien. Bei der JIM-Studie 2018, die jedes Jahr die Mediennutzung von Jugendlichen erforscht, gaben 40 Prozent der 16- bis 17-Jährigen an, dass es in ihrem Bekanntenkreis Menschen gibt, die Erfahrung mit Cyber-Mobbing gemacht haben. Für diese Leute wird das Handy in der Tasche zum Überbringer von schlechten Nachrichten.

Wir müssen den richtigen Umgang mit diesen Netzwerken erlernen und eine digitale Empathie entwickeln.

Lukas Pohland ist Gründer und erster Vorsitzender von Cybermobbing-Hilfe e.V.

„Wir können WhatsApp oder andere soziale Netzwerke nicht mehr abschaffen“, sagt Lukas Pohland. Er ist Initiator und Vorsitzender des Vereins Cybermobbing-Hilfe e. V. , der Betroffenen telefonische Beratung anbietet. Statt WhatsApp zu verteufeln, plädiert er für eine andere Lösung: „Stattdessen müssen wir den richtigen Umgang mit diesen Netzwerken erlernen und eine digitale Empathie entwickeln.“ Mobbing habe es schon immer gegeben, betont er. Die Verlagerung ins Netz mache es aber schlimmer. Die Anonymität dort macht die Täter stark, Netzwerke sorgen dafür, dass im Zweifel die ganze Schule oder der ganze Ort Bescheid weiß.

Für Lukas beginnt Cybermobbing schon recht früh, nämlich sobald man über einen etwas längeren Zeitraum im Internet beleidigt, bloßgestellt, diffamiert oder diskreditiert werde. „Grundsätzlich sollte man aber nicht darüber streiten, wann – also ab welchem Zeitraum – Mobbing anfängt“, betont er. „Fertigmachen im Netz ist schlimm – egal, ob über Tage, Wochen, Monate oder Jahre!“

Lukas’ Weg als Ansprechpartner für Betroffene von Cybermobbing begann, als er selbst 13 Jahre alt war. Er bemerkte, dass etwas mit einem Mädchen aus seiner Klasse nicht stimmte. Sie erzählte ihm, dass sie gemobbt wurde. Als herauskam, dass er sich mit ihr unterhielt, wurde er zur zweiten Zielscheibe des Mobbings. „Verschlossenheit, Veränderung der Nahrungsmenge oder Schulangst können ein Anzeichen sein“, erklärt Lukas, wie man Mobbingopfer erkennen kann. Doch Cybermobbing ist schwer von außen wahrzunehmen. Aus seiner eigenen Erfahrung ist eine telefonische Beratung für Cybermobbing-Opfer entstanden, die seit vergangenem Oktober in einen Verein übergegangen ist. Der Verein ist nun auch etwas breiter aufgestellt und bietet neben Intervention auch Prävention an.

Um einen Verein in Deutschland zu gründen, braucht es sieben Leute, die bei einer Gründungsversammlung gemeinsam die Satzung des Vereins beschließen und so den Verein gründen. Bei Cybermobbing-Hilfe e. V. versammeln sich nun Politiker, normale Bürger und andere engagierte Menschen. „Die Finanzierung ist natürlich eine sehr anstrengende Aufgabe. Wir sind auf Spenden und Zuwendungen aus Stiftungen angewiesen“, räumt Lukas ein.

Durch einen Schulwechsel signalisiert man den Tätern, dass sie gewonnen haben. Wichtiger ist die klare Bestrafung von Tätern.

Lukas Pohland gibt sich bei diesem Thema härter, als man es von ihm gedacht hätte.

Einmal in der Woche bieten er und seine Mitstreiter eine Telefonhotline an. „Viele rufen an, weil sie sich hilflos fühlen. Andere wollen einfach mal anonym über ihre Probleme sprechen“, erzählt er. „Wir bieten vor allem ein offenes Ohr. Das hilft vielen echt weiter.“  Denn mit jemandem darüber sprechen sei das Wichtigste für die Opfer von Cybermobbing. Die Handynummer zu wechseln, hingegen bringe nicht viel, und der Wechsel der Schule ist für Lukas nur die allerletzte Lösung. „Durch einen Schulwechsel signalisiert man den Tätern, dass sie gewonnen haben. Wichtiger ist die klare Bestrafung von Tätern“, sagt er und gibt sich damit härter als erwartet.

Titelbild: S. Lategahn

Als ich mit der Schule fertig war, wollte ich nur einen Job, der mir nie langweilig wird. Die Kulturszene, dachte ich mir, ist doch eine Szene voller Wandel. Deswegen habe ich Kulturarbeit studiert. Später habe ich festgestellt, dass es im Journalismus noch mehr Abwechslung gibt, weil man stets auf der konkreten Suche nach den neuen heißen Themen ist. Doch weil über Vergangenheit und Gegenwart schon so viel geschrieben wird, studiere ich nun Zukunftsforschung und schaue, ganz ohne Glaskugel, in die Zukunft.