Eine Hamburgerin erzählt von ihrem Leben als Obdachlose

Obdachlose wuenschen sich oft ein nettes Gespraech statt Ignoranz (c) Unsplash
Obdachlose wuenschen sich oft ein nettes Gespraech statt Ignoranz (c) Unsplash
Die 48-jährige Valerie lebt erst seit einem halben Jahr auf der Straße. Im Gespräch gab sie mir einen Einblick in ihr Leben als Obdachlose.
Von Neele Dorn, Klasse 10c, private Stadtteilschule St. Georg, Hamburg

Wie lange wohnst du schon auf der Straße?

Ich lebe seit sechs Monaten mit meinem Freund Marcus auf der Straße.

Gibt es bestimmte Orte, an denen du am liebsten bist?

Ja, wir sitzen oft vor dem Karstadt in der Stadtmitte. Dort sitzen wir aber nicht immer alleine. Häufig sind dort auch andere, mit denen wir uns auch anfreunden.

Hattest du schon mal eine Wohnung?

Ja, hatte ich. Allerdings wurden wir aus der rausgeworfen, da mein Freund wegen Schwarzfahrens 22 Monate in Haft war und wir dann keine Wohnung mehr bekommen haben und wir so auch unser Geld verloren haben.

Wo geht ihr zum Schlafen, Essen und Duschen hin?

Zum Duschen gehen wir oft in die Obdachlosenheime. Jedoch ist es nicht möglich, dort mit seinem Partner zusammen zu schlafen. Das möchten die Betreuer des Wohnheims nicht. Da frieren wir lieber gemeinsam in der Kälte, als getrennt zu schlafen.

Redest du mit Marcus über alles oder lernt man auch andere Freunde auf der Straße kennen, mit denen man über vieles reden kann?

Ich rede mit Marcus über alles. Wir lernen jedoch auch andere Obdachlose kennen, mit denen wir reden können. Je länger man auf der Straße lebt, umso mehr baut man Beziehungen zu den anderen Obdachlosen auf.

Wie viel Geld verdient ihr mit Betteln pro Tag?

Das ist schwer zu sagen, weil es immer unterschiedlich ist. Doch ich würde mal so sagen etwa 40 bis 50 Euro. Dann teilen wir das Geld durch zwei und am Ende hat dann jeder etwas über 20 Euro pro Tag.

Hast du schon schlimme Erfahrungen auf der Straße gemacht?

Ja, ich wurde schon mehrere Male geschlagen und unser Geldkästchen wurde schon mal weggetreten.

Wie sollte man deiner Meinung nach Obdachlose behandeln?

Ich finde, man sollte uns lieber beachten und anschauen und sich mit uns unterhalten, statt uns ein schlechtes Gefühl zu geben, indem man einfach an uns vorbeiläuft.

Was macht ihr im Winter, wenn es draußen kalt ist?

Wir schlafen draußen oder oft vor dem Karstadt. Dort ist es warm und geschützt. Wir würden auch in die Heime gehen, doch das geht ja leider nicht.

Bist du glücklich mit deinen Lebensumständen?

Nein, aber ich habe meinen Freund und wir halten zusammen. Er schenkt mir Liebe und Geborgenheit, die ich brauche.

Wenn du einen Wunsch frei hättest, was würdest du dir wünschen?

Eine Wohnung, in der ich mich mit meinem Freund wohlfühlen kann und ich mein altes Leben weiter führen kann.

Beitragsbild: Andreea Popa via Unsplash

Von Reinickendorf bis Bochum, von Fulda bis Ottensen – überall schreiben Schülerinnen und Schüler Artikel über das, was um sie herum passiert. Jeder und jede aus ihrer eigenen Sichtweise, mit eigener Meinung und eigenem Schwerpunkt. Bei all den Unterschieden eint sie, dass sie mit ihrer Klasse an MEDIACAMPUS teilnehmen, dem medienpädagogischen Projekt der Funke Mediengruppe. Das erlernte Wissen wenden sie dann praktisch an, indem sie erste journalistische Texte schreiben. Auf funky können sie die Früchte ihrer Arbeit präsentieren.