Ab an die Spitze und digital first: Das steht im Koalitionsvertrag

Angela Merkel und Martin Schulz
07.02.2018, Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der SPD-Vorsitzende Martin Schulz kommen nach den Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD auf einer Pressekonferenz auf die Bühne. RECROP Foto: Kay Nietfeld/dpa | Verwendung weltweit

Keine 24 Wochen nach der Wahl steht auch schon eine Regierung in den Startlöchern. Nach ‘GroKo ist ein No-Go’ hat sich Martin Schulz nun doch mit Angela Merkel und ihrer Gefolgschaft aus Bayern dazu durchgerungen, eine regierungsfähige Koalition auf die Beine zu stellen.

Zunächst einmal gab es ja viel Hin und Her nach der Bundestagswahl. Ein Bündnis aus CDU/CSU, FDP und den Grünen sollte in die Wege geleitet werden. Ein Neuling in den Konstellationen, doch es scheiterte an Christian Lindern (FDP) – oder Christian Lindner hat es rechtzeitig platzen lassen. Das variiert nach Leseart. Jetzt auf jeden Fall wollen sich die SPD und die CDU/CSU-Fraktion wieder zusammenschließen. Geht überhaupt etwas anderes, mag sich manch einer in seinen jungen Wählerjahren fragen? Ja, es gab schon mal andere Koalitionen als die große Koalition. Aber das scheint Geschichte, denn die Mitglieder der SPD haben sich mehrheitlich für eine große Koalition ausgesprochen (aktualisiert am 5. März, vorher: außer die Jusos und alle anderen Gegner der GroKo stimmen im Mitgliederentscheid der SPD noch dagegen).

Was dürfen wir von der GroKo erwarten?

Bekenntnis zur EU
„Nur eine starke Europäische Union ist der Garant für eine Zukunft in Frieden, Sicherheit und Wohlstand“ steht in dem fast 180 Seiten umfassenden Papier. Ein Gerxit ist also absolut nicht zu erwarten.

Migration
Dafür ist der Plan, Frontex auszubauen und zu einer „echten europäischen Grenzschutzpolizei“ werden zu lassen. Die Aufnahme von Flüchtlingen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, soll auf 180.000 bis 220.000 Menschen pro Jahr begrenzt werden. Auch der Familiennachzug bekommt ein Kontingent. 1000 Personen pro Monat plus Ausnahmefälle dürfen ihren nahen Verwandten mit subsidiärem Schutz folgen. Überhaupt soll sich eine „Situation von 2015“ nicht wiederholen. Dafür sollen auch die Fluchtursachen bekämpft werden. Zum Beispiel dadurch, dass es keine Waffenexporte mehr in Krisenregionen gibt. Zur Info: Im vergangenen Jahr wurden Rüstungsgüter im Wert von 530 Millionen Euro in so krisensichere Länder wie Ägypten, Saudi-Arabien und Israel geliefert. So viel dazu.

Bessere Bildung
2 Milliarden Euro will die neue Bundesregierung für den Ausbau des Ganztagsschulangebots locker machen. Weitere 5 Milliarden fließen in den „Digitalpakt“, der sowohl schnelles Internet und gute Hardware an die Schulen bringen soll, als auch die Weiterbildung von Lehrkräfte ermöglichen soll. Bund und Länder dürfen und sollen in Zukunft auch in der Bildungspolitik enger zusammenarbeiten. Dafür soll ein Nationaler Bildungsrat eingerichtet werden.

Auch bei der Berufsbildung wird in die digitale Ausstattung der Schulen investiert. Darüber hinaus soll es eine Mindestausbildungsvergütung für Azubis geben. Den Studierenden wird ein besseres Bafög versprochen. Auch dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Medizinstudium wird Rechnung getragen: Der Bund wird den Länder bei der Umstellung des Zulassungsverfahren helfen.

Digitalisierung
D wie Dämonen, Damoklesschwerter und Digitalisierung – Wir müssen „große Schritte wagen, um an die Spitze zu kommen.“ Jep, dann mal los! Dafür will die neue Regierung eine flächende Infrastruktur von „Weltklasse“ schaffen, Sicherheit im Cyberspace gewährleisten und eine digitale, bürgernahe Verwaltung einführen. Glasfaser bis zu jeder Haustür, Schließung der Funklöcher, Wlan in allen öffentlichen Einrichtungen.

Umwelt
„Wir wollen für unsere Kinder und Enkelkinder eine intakte Natur bewahren.“ Das ist schön! Dafür wird das EU-Recht 1:1 umgesetzt, die Agenda 2030 bleibt Maßstab für das Handeln der Regierung. Die Lücke zu den Klimaschutzzielen bis 2020, die sich aktuell auftut, soll so weit wie möglich reduziert werden. Die Gewinnung von Strom aus Kohle soll schrittweise weniger werden, bis sie vollständig ihr Ende findet. Ein Datum dafür steht nicht fest.

Einige grüne Positionen, die nach dem Ende einer Koalition mit den Grünen fast verloren geglaubt wurden, lassen sich aber doch im Koalitionsvertrag finden. „Nachhaltige Landwirtschaft und Naturschutz sind keine Gegensätze“ – das sollte offensichtlich sein. Dazu gehört für die Parteien der Tier-, Natur- und Klimaschutz sowie faire Arbeitsbedingungen. Der Tierschutz soll dabei ganz groß geschrieben werden. So wird es wohl in zwei Jahren ein staatliches Gütesiegel für Fleischprodukte aus besserer Tierhaltung geben. Zusätzlich soll auf nachhaltige Lieferketten bei Produkten wie Kakao geachtet werden. Und, es wird ein Gentechnikverbot geben.

Das war natürlich nur ein Ausschnitt. Alle Ideen, Ziele und Versprechungen könnt ihr entweder bei der SPD oder bei der CDU nachlesen. Es ist beide Male derselbe Vertrag.

 

Titelbild: Kay Nietfeld/dpa 

Als ich mit der Schule fertig war, wollte ich nur einen Job, der mir nie langweilig wird. Die Kulturszene, dachte ich mir, ist doch eine Szene voller Wandel. Deswegen habe ich Kulturarbeit studiert. Später habe ich festgestellt, dass es im Journalismus noch mehr Abwechslung gibt, weil man stets auf der konkreten Suche nach den neuen heißen Themen ist. Doch weil über Vergangenheit und Gegenwart schon so viel geschrieben wird, studiere ich nun Zukunftsforschung und schaue, ganz ohne Glaskugel, in die Zukunft.

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