En garde! Mit vollem Einsatz fechten beim VfL Bochum

Eine leere Umkleidekabine
Eine leere Umkleidekabine (c) pexels.com

Unter Fußballtraining oder Reitstunden kann sich jeder etwas vorstellen. Doch wie läuft eine Trainingeinheit beim Fechten ab?

Von Lars Tomhofer, Klasse 8c, Schiller-Schule Bochum

Kurz vor 18:00 Uhr. Ich betrete die Trainingshalle. Es riecht nach Schweiß, Turnschuhen und alten Wänden. Auf der Treppe zu den Umkleiden kommt mir ein Freund in Sportkleidung entgegen. Ich höre bereits von oben die Stimme meines Trainers mit dem harten, osteuropäischen Akzent, der sich immer so unfreundlich anhört, obwohl er ziemlich nett sein kann . Also beeile mich noch ein bisschen mehr mit dem Umziehen.
Und wieder geht die Quälerei von vorne los: viermal in der Woche. Seit sieben Jahren trainiere ich jetzt Florettfechten bei einem ukrainischen Erfolgstrainer, einem Perfektionisten, der schon seine Schüler zu Weltmeisterschaften gebracht hat.

Warum tue ich mir das nochmal an?

Heute gibt es mal wieder Luxus-Training: Bei drei Fechtschülern ist genug Zeit für Einzeltraining – ganz schön anstrengend, aber effektiv. Zum Aufwärmen wird erstmal nur Fußball oder Badminton gespielt, aber dann
ertönt die Trillerpfeife – und wieder Dehnübungen. Der Trainer zählt: „Eins eins, eins zwei, eins drei uuuund vier“ und jedes Mal glaube ich mich zerreißt es. Und nochmal: „Eins eins, eins zwei, eins drei uuund vier – warum Du machen so? Du haben keine Prothese!“, höre ich den Trainer mit seiner lauten, harten Stimme. Warum tue ich mir das nochmal an? „Los- kurzer Ausfall, mittlerer Ausfall, langer Ausfall“, echot es durch die Halle – und auch das zwanzig Mal hintereinander. Seit sieben Jahren das gleiche Spiel und immer noch bin ich nicht gut genug. Doch momentan beschäftigt mich nur die Frage, wann ich endlich etwas trinken darf.

Nach einer halben Stunde hat die Dehnerei ein Ende und ich habe Gummibeine. Nach einer kurzen Trinkpause heißt es Treppe runter, Fechtsachen anziehen und Bahnen aufbauen. Meine Güte ist das warm –Sportsachen, Fechthose, Unterziehweste, Fechtjacke, Elektroweste, Handschuhe und oben drauf noch die Maske. Aber alles nur zur Sicherheit – da schwitzt man gerne. Die Treffer tun trotzdem weh…

Kämpfen, kämpfen, kämpfen!

Es piept. Aha, der Trainer hat die Melder schon angeschlossen. Gleich geht es richtig los. Also Treppe wieder rauf, ab in die Halle und ans Kabel anschließen. Und dann eine Stunde Fechten. Jeder gegen Jeden und der Trainer als Obmann: „Ferrrtig, los – null zu eins, eins zu eins, Idiot! Warum du laufen zurück? STEHENBLEIBEN – KÄMPFEN“, brüllt er und ich frage mich, was er denkt, was ich hier mache. Doch dann höre ich ein „Prima gemacht! Wunderbare Treffer!“ und traue meinen Ohren kaum. Was? Ich habe etwas gut gemacht? Und während ich noch denke, dass man das hier wirklich selten gesagt bekommt, ruft der Trainer auch schon: „Stopp! Gefecht enden fünf zu eins! Du bleibst am Platz, andere wechseln“, was für mich nicht nur bedeutet, weiter kämpfen zu müssen, sondern auch, mich zu konzentrieren, weder zu platzen, noch zu weinen. Warum tue ich mir das nochmal an?

Nicht nur wegen Medaillen und Turnieren

Und dann ist das Training vorbei. Fechtsachen ausziehen, Bahn abbauen, Treppe wieder runter und umziehen. Und zu hause die blauen Flecken verarzten. Und morgen komme ich wieder.
Warum ich mir das antue?
Wegen des Fechtsports, der Medaillen, der Turniere – und für meinen Trainer.

Beitragsbild: pexels.com

Von Reinickendorf bis Bochum, von Fulda bis Ottensen – überall schreiben Schülerinnen und Schüler Artikel über das, was um sie herum passiert. Jeder und jede aus ihrer eigenen Sichtweise, mit eigener Meinung und eigenem Schwerpunkt. Bei all den Unterschieden eint sie, dass sie mit ihrer Klasse an MEDIACAMPUS teilnehmen, dem medienpädagogischen Projekt der Funke Mediengruppe. Das erlernte Wissen wenden sie dann praktisch an, indem sie erste journalistische Texte schreiben. Auf funky können sie die Früchte ihrer Arbeit präsentieren.

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