Beruf: Investigativjournalistin – der Wahrheit auf der Spur

Schüler tippen im Unterricht
Schüler tippen im Unterricht auf bunten Laptops. (c) Getty Images/iStockphoto

Lilly hat eine Investigativjournalistin getroffen. Dabei brachte sie in Erfahrung, wie diese an ihre Storys kommt und was sie dazu bewegt, zu schreiben.

Von Lilly Mariam Salus, Klasse 8c, Berlin International School

Wie kommen Journalisten an ihre Informationen? Wie arbeiten sie an einem Bericht, bevor er im Fernsehen gesendet wird? Ich möchte Antworten auf diese Fragen bekommen und besuche deshalb den Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB). Dort lerne ich eine Investigativjournalistin kennen. Sie und ihre Kollegen decken Skandale und Missstände in Politik und Wirtschaft auf. Ihretwegen kommt es manchmal sogar dazu, dass Minister zurücktreten müssen. Deshalb ist diese Form des Journalismus gefährlich. Meine Gesprächspartnerin arbeitet aus diesem Grund oft unter einem Pseudonym. Ich nenne sie Susanne Pfeiffer.

Ein Job, der sie mit Stolz erfüllt

Susanne Pfeiffer sagt: „Bevor ich meine Berichte schreibe, muss ich erst einmal lange und umfassend recherchieren“. Sie sucht sich ihre Themen selbst aus. Dazu durchsucht sie Aussagen von Insidern und Meldungen nach für die Zuschauer interessanten Berichten. Bei anderen Journalisten hingegen bestimmt die Redaktion das Thema und sie nutzen allgemein zugängliche Quellen. Susanne Pfeiffer antwortet mir nicht ohne Stolz, dass Journalisten, die ausschließlich investigativ tätig sein können, selten seien. Beim RBB gibt es nur sechs – bei mehr als 2000 fest angestellten Mitarbeitern.

Von Insidern und Whistleblowern

Wie kommt ein investigativer Journalist nun aber an die Informationen für seine Storys? Um Skandale aufzudecken, braucht es die Hilfe von Leuten, die etwas preisgeben, obwohl sie eigentlich zum Schweigen verpflichtet sind. Verraten sogenannte Whistleblower ihnen anvertraute Geheimnisse, müssen sie mit schweren Strafen oder Rache rechnen. Doch irgendwann ist ihr schlechtes Gewissen so groß, dass sie das Geheimnis, das sie mit sich herumtragen, loswerden wollen. „Wenn man einmal eine Story schreibt, die auf die Titelseite kommt, wird man bekannt und bekommt mehr solcher Anfragen“, erzählt mir Susanne Pfeiffer. Außerdem müsse man sehr viel Vertrauen aufbauen und dieses auch niemals brechen. Immerhin kann das Leben der Whistleblower und das ihrer Familien davon abhängen.

„Ich bin kein Kopfgeldjäger“

Um die Whistleblower zu schützen, trifft man sich zum Beispiel nur persönlich. Sowohl auf Susanne Pfeiffers Handy als auch auf dem des jeweiligen Informanten befinden sich keine Namen. Man erzählt selbst dem Chef nichts und bewahrt wichtige Unterlagen dort auf, wo keiner sie finden kann. Natürlich schützt die Redaktion aber auch ihre eigenen investigativen Journalisten, zum Beispiel indem sie Handynummern nicht herausgibt.
Wenn ein Minister wegen einer ihrer Storys zurücktreten muss, verspürt Susanne Pfeiffer keine Genugtuung: „Ich bin kein Kopfgeldjäger“, sagt sie.

Die Welt soll gerechter werden

Ihr Motiv als Investigativjournalistin ist eher, dass sie etwas verändern möchte. Sie und ihre Kollegen sehen sich als Kontrolleinheit. „Die Menschen vertrauen darauf, dass man ihre Steuergelder richtig verwendet und, dass alles nach Recht und Gesetz abläuft. Wenn Politiker diese Vertrauen verletzen, wollen wir Journalisten dies öffentlich machen, damit diese Person nicht mehr gewählt wird oder sogar zurücktreten muss. Wenn man etwas Neues aufdeckt, dann freut man sich zuerst, weil man die Welt etwas gerechter den Menschen gegenüber macht, die ungerecht behandelt oder belogen wurden“, sagt Susanne Pfeiffer.

Immer kritisch bleiben

Auch wenn man als investigativer Journalist damit rechnen muss, verklagt zu werden, muss man zäh bleiben, nicht gleich aufgeben und davon überzeugt sein, dass man alles richtig gemacht hat. Die erste Reaktion der betroffenen Täter ist immer erst mal, den Tatbestand zu leugnen. Deshalb ist es wichtig, dass es für alle Aussagen in dem Bericht Beweise gibt. Eine genaue Recherche ist also nötig. Auch darf man nicht alles glauben, sondern muss kritisch bleiben. Wenn Menschen über Probleme klagen, dann recherchiert Susanne Pfeffer das erst einmal, um zu sehen, ob es auch wirklich stimmt. Normalerweise hat man als investigativer Journalist am besten immer zwei Quellen, die genau das Gleiche sagen, um zu verhindern, dass man Fake News verbreitet.

Das Recht auf Informationsfreiheit

Wichtig für Journalisten wie Susanne Pfeiffer ist auch das Recht nach dem Informationsfreiheitgesetz, in Behördenakten nachsehen zu können. Die Regierung oder Beamte sind nach diesem Gesetz verpflichtet, Auskünfte zu geben. Wenn sie das nicht tun, kann man sie verklagen. Susanne Pfeiffer sitzt deshalb auch oft am Schreibtisch und wertet Akten aus.
Am liebsten recherchiert sie aber vor Ort. „Länger als zwei Tage halte ich es an meinem Schreibtisch nicht aus, ich muss dann raus“, sagt sie. Dann trägt sie alles zusammen. Abhängig davon, ob der Beitrag gedruckt oder gesendet werden soll, schreibt man dann einen Artikel oder filmt etwas für das Fernsehen.

Wenig Freizeit, wenig Schlaf

Investigative Journalisten haben aber auch ihre Grenzen: Die meisten hören auf, wenn sie die Menschen um sie herum in Gefahr bringen könnten. Wenn die Storys zu extrem werden, schreiben sie manchmal auch unter gar keinem Namen. Es gibt auch persönliche Nachteile: Man hat wenig Freizeit, kann nachts nicht schlafen und schickt noch um ein Uhr nachts Nachrichten, weil man sich selbst so stresst. Auch die Zeit mit der Familie leidet darunter. Susanne Pfeiffer sagt zum Beispiel, dass sie einmal im halben Jahr lieber einen anderen Job mit normalen Arbeitszeiten und weniger Stress hätte. Aber das denkt sie immer nur kurz, dann geht das auch vorbei, weil sie ihren Beruf so sehr liebt.

„ Mittlerweile bin ich schwer zu beeindrucken, weil ich schon so viel erlebt habe“.

Wenn man sie fragt, wie ihr Beruf sie verändert hat, antwortet Susanne Pfeiffer: „Ich glaube nicht mehr alles, stelle die Dinge in Frage und bin mittlerweile schwer zu beeindrucken, weil ich schon so viel erlebt habe“. Leute, die später einmal im Investigativjournalismus arbeiten wollen, sollten ihrer Meinung nach hellhörig und neugierig sein, Leidenschaft und Enthusiasmus haben und offen für alles sein. Susanne Pfeiffer hat schon mit zwölf Jahren gewusst, was sie später werden wollte, vor allem weil sie den Beruf der Investigativjournalistin sehr spannend fand – Und das tut sie noch heute.

Titelbild: Getty Images

Von Reinickendorf bis Bochum, von Fulda bis Ottensen – überall schreiben Schülerinnen und Schüler Artikel über das, was um sie herum passiert. Jeder und jede aus ihrer eigenen Sichtweise, mit eigener Meinung und eigenem Schwerpunkt. Bei all den Unterschieden eint sie, dass sie mit ihrer Klasse an MEDIACAMPUS teilnehmen, dem medienpädagogischen Projekt der Funke Mediengruppe. Das erlernte Wissen wenden sie dann praktisch an, indem sie erste journalistische Texte schreiben. Auf funky können sie die Früchte ihrer Arbeit präsentieren.

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