Keine Mittagspause, schlechte Qualität: Was sich am Schulessen ändern muss

Mensa-Essensausgabe
Zu viel Fleisch, das Gemüse zu lang warm gehalten - das Thüringer Schulessen schneidet schlecht ab. Foto: ercan senkaya - stock.adobe.com/fotolia

Ungenügend: So würde wohl die Zeugnisnote für das Schulessen in Thüringen ausfallen. Eine Befragung der Vernetzungsstelle Schulverpflegung offenbarte Anfang des Monats jedenfalls wieder erschreckend viele Mängel. Jetzt wurde das Thema auch auf den Landesschülertagen diskutiert.  

 „Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt“, gilt nicht nur beim Sonntagsbesuch bei strengen Verwandten, sondern auch in der Schulverpflegung. Zwar haben die meisten Schulen mittlerweile Wahlessen, trotzdem sind die Schüler der Menü- und Zutatenauswahl der Caterer ausgeliefert. Aktuell heißt das: Fleisch. Durchschnittlich viermal die Woche und häufig in Form von Bratwurst oder Hack. Dass da Ernährungsexperten Alarm schlagen, ist klar, aber was sagen Thüringens Schüler eigentlich selbst dazu?

Zunächst einmal spricht es Bände, dass nicht einmal die Hälfte überhaupt an der Schulspeisung teilnimmt. Unter den Grundschülern ist der Anteil noch recht hoch, danach kann das Essen kaum noch begeistern.  Allerdings geht es dabei um mehr als nur die Frage, was auf dem Teller landet. In einem Workshop mit der Leiterin der Vernetzungsstelle, Alexandra Lienig, äußerten die Teilnehmer der Landesschülertage nicht nur den Wunsch nach frisch gekochten Mahlzeiten, mehr Auswahl und Vielfalt. Eine gemütliche Atmosphäre in der Mensa ist ebenso wichtig, genau wie freundliches Küchenpersonal – und längere Pausen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt mittags mindestens 60 Minuten, das ist jedoch in den wenigsten Schulen Realität. Ein Mädchen erzählt sogar, dass sie überhaupt keine gesonderte Mittagspause habe. Wer an der Schulspeisung teilnehmen wolle, müsse das mit den Lehrern absprechen und verpasse entsprechend den Unterricht. Ein anderer Schüler berichtet, dass das Essen mehrmals später geliefert wurde, als die Pause eigentlich schon vorbei war.

Volles Tablet mit Mittagessen und Beilagen
Salatbeilage, frisches Obst – das sollte es in der Schule öfter geben. Schüler wünschen sich zum Beispiel ein Buffetsystem, mit dem sie sich ihren Teller individuell zusammenstellen können. Foto: Gerhard Seybert – stock.adobe.com/Fotolia

Gute Schulspeisung kostet – nicht nur wegen der Zutaten

Einzelfälle, vielleicht. Sie weisen aber darauf hin, dass beim Schulessen viele Faktoren zusammenspielen. Das sieht auch Steffen Reiche-Römuß von der Landeseltervertretung so. „Die Ausstattung der Schulen spielt auch eine Rolle. Viele haben keine moderne Mensa, sondern nur eine Ausgabe. Da kommt dann nur Warmverpflegung in Frage.“ Das ist vor allem deshalb ein Problem, weil das Essen viel zu lange in den Thermobehältern bleibt. Das Kopfkino spuckt direkt Bildern von in Form und Konsistenz undefinierbarer Pampe aus, die im früheren Leben wohl mal Gemüse war.

Regionale und damit nah an der Schule befindliche Caterer könnten hier eine Lösung sein. Die sind jedoch oft teurer als Großküchen. Zwar herrscht Einvernehmen darüber, das vernünftige Qualität einen gewissen Preis haben muss – die Eltern schauen dann aber doch meist aufs Geld. „Viele haben leider noch immer die Einstellung ‚Hauptsache billig und satt’“, so Reiche-Römuß. Gleichzeitig gelte aber: „Was nichts kostet, wird nicht wertgeschätzt.“ Daher sollten Eltern auch in Zukunft am Schulessen beteiligt werden. Die Politik sei aber gefragt, beispielsweise ein System der Bezuschussung zu entwickeln. Momentan ist das noch stark von der finanziellen Situation der Landkreise abhängig.

Probleme werden nicht ernst genug genommen

Schulen, Eltern, Caterer und die Kommunalpolitik – eigentlich sollten alle für eine gute Schulverpflegung an einem Strang ziehen. Dass sie wichtig ist, würden auf Nachfrage sicher alle bejahen. In der Praxis läuft es eher zäh. „Die Eltern setzen sich zu wenig damit auseinander, sagen, ihre Kinder würden zu Hause auch nichts anderes essen. Dabei merken sie gar nicht, dass sie durch die Schulspeisung auf solche Produkte geprimt werden“, berichtet Reiche-Römuß, „Dann sind auch die Caterer unwillig sich zu ändern.“ Besonders enttäuscht ist der Elternvertreter davon, dass dem Thema in der Politik nicht der nötige Ernst zugemessen werde. „Dabei wird erwartet, dass sich dort etwas tut.“

Was die Schüler gerne verbessern würden, haben sie auf ihrem Landestreffen schon mal formuliert. Die Ausrede, sie würden fettiges und ungesundes Essen geradezu fordern, kann damit nicht mehr vorgeschoben werden.

Foto: Ercan Senkaya – stock.adobe.com/fotolia

In meinem Studium habe ich gelernt, wie Ereignisse zu Nachrichten werden und wann etwas wichtig genug ist, um darüber zu berichten. Wenn dabei die Dinge als uninteressant abgestempelt werden, für die vermeintlich nur Jugendliche brennen, finde ich das allerdings sehr schade. Die beste Möglichkeit, um dem entgegenzuwirken: selbst schreiben!

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