Mohammed engagiert sich beim Verein Ufuq.de. Foto:Friederike Deichsler
Horizont – so lautet die deutsche Übersetzung des arabischen Vereinsnamens von Ufuq.de. Die sich aufdrängende Assoziation „Horizont erweitern“ hat durchaus ihre Berechtigung.
Ufuq.de schult unter anderem junge Muslime als Teamer, die mit Schülern auf Augenhöhe über Islam, Islamfeindlichkeit und auch Radikalisierung sprechen. Einer von ihnen ist Mohammed Habibullah Scheikani. Der 21-Jährige studiert nach seinem Abitur Islamwissenschaften an der Freien Universität Berlin und hat uns von seinem Engagement erzählt. Seit eineinhalb Jahren ist er bei Ufug.de dabei.
Wie bist du darauf gekommen, dich bei Ufug.de zu engagieren? Nachdem ich mein Abitur abgeschlossen habe, gab es die normalen Probleme: Was studiere ich, was mache ich? Ich habe mich dann für Islamwissenschaften entschieden. Das ist übrigens nicht das Gleiche wie Islamische Theologie: Islamische Theologie bietet eher eine Innenperspektive, während Islamwissenschaft von außen versucht, Phänomene und Ereignisse zu beschreiben. Ich habe mich also mit Fragen auseinandergesetzt wie ‚Gehört der Islam zu Deutschland?’. Zufälligerweise habe ich im Email-Verteiler unserer Uni die Stellenausschreibung von Ufuq.de gelesen und dort stand im ersten Satz: Natürlich gehört der Islam zu Deutschland. Das war sehr interessant und kurz darauf hatte ich meine erste Fortbildung.
Was genau sind deine Aufgaben? Ich bin Teamer. Wir machen Workshops in Berliner Schulen zum Thema Islam und muslimisches Leben in Deutschland. Die Schulen fragen uns an und können vorab auswählen, über welche Inhalte sie sprechen wollen. Wir haben beispielsweise Workshops zu Empowerment oder Geschlechterrollen im Islam.
Was macht dir am meisten Spaß? Die Arbeit mit Jugendlichen.
„Mit Engagement in der Gesellschaft kann man gar nicht früh genug anfangen.“
Wie erlebst du die Stimmung der Schüler bei den Workshops? Ufuq.de verfolgt den Ansatz, junge Teamer einzustellen, die muslimisch sozialisiert sind. Das ist auch ein Empowerment-Ansatz. Die Schüler sagen: ‚Guck mal, da ist ein junger Muslim, der studiert hat.’ Das ist für sie sehr interessant, weil sie das in ihrem Alltag nicht finden. Weil die meisten Lehrer vielleicht nicht muslimisch sozialisiert sind. Oder nicht jung. Die meisten nehmen uns relativ offen auf. Es gibt Klassen, die von vornherein voll mit drin sind. Manchmal werden Positionen geäußert, die abwertend gegenüber bestimmten Gruppierungen sind, aber darüber wollen wir ja reden. Es gibt natürlich auch Klassen, die ein bisschen skeptisch sind.
Welches Erlebnis ist dir besonders im Gedächtnis geblieben ist? Ich hatte mal einen Workshop in Neukölln und es ging gerade um Homosexualität. Vorher hatten die Jugendlichen untereinander klar gemacht: Jeder Mensch ist gleich und jeder Mensch ist Mensch. Dann gab es abwertende Äußerungen gegenüber Homosexuellen, von wegen die seien eklig und seien keine Menschen und so weiter. Als diese Äußerung kam, ist die ganze Klasse gegen denjenigen aufgestanden und hat gesagt: Wir haben doch vorab geklärt, dass das und das soundso ist. Das ist immer ein schönes Erlebnis, wenn wir sehen, dass die Jugendlichen das untereinander klären.
Gibt es auch negative Erlebnisse? Es gibt schlimme Erfahrungen, wo Jugendliche in ihrer Position verharren. Es ist dann für uns ein bisschen schwierig, damit umzugehen, weil wir denjenigen ja nicht zwingen können, eine andere Meinung anzunehmen. Aber ich denke, es ist auch manchmal normal, dass Jugendliche in der Zeit der Pubertät bestimmte radikale Positionen einbeziehen. Man muss ihnen einfach ein bisschen Zeit und Raum geben.
Wie viel Zeit wendest du für Ufuq.de auf? Das ist unterschiedlich. Wenn Ferien sind, machen wir weniger Workshops, außer ab und zu in Jugendeinrichtungen. Wenn Schule ist, kommt es vor, dass ich nur einmal im Monat etwas mache, manchmal aber auch drei- oder viermal, je nachdem, wie die Anfragen sind. Die Workshops selbst gehen 3×90 Minuten. In der Regel finden sie an einem Projekttag statt, für den wir angefragt werden, aber sie sind auch so konzipiert, dass man sie an verschiedenen Tagen machen kann.
„Jeder definiert Religiosität anders und für mich gehört dazu, aktiv in der Gesellschaft zu sein.“
Wie bekommst du Studium, Nebenjob und deine Arbeit bei Ufuq.de unter einen Hut? Das funktioniert gut, weil es ja nur ein paar Mal im Monat ist. Wobei ich sagen muss, dass Islamwissenschaften nicht das zeitaufwendigste Studium ist. Ich hatte auch noch den Vorteil, dass ich schon Arabisch konnte und für mich fast vier Semester Sprachkurs ausgefallen sind. Jemand der Mathematik oder Physik studiert, hat es ein bisschen schwerer. Aber trotzdem, mit Zeitmanagement bekommt man das hin. Ich bin neben Ufuq.de auch noch in verschiedenen Moschee-Vereinen aktiv.
Was bedeutet dein Engagement für dich? Mein persönliches Ziel in der Arbeit bei Ufuq.de ist es mit Jugendlichen über Normen und Werte zu sprechen und zu vermitteln: Es gibt verschiedene Arten zu glauben und zu leben und niemand darf dafür abgewertet oder ausgegrenzt werden. Jeder definiert Religiosität anders und für mich gehört dazu, aktiv in der Gesellschaft zu sein. Durch meine Arbeit bei Ufuq.de und im Moschee-Verein versuche ich auf beiden Seiten die Frage zu beantworten: Wie wollen wir leben? Natürlich in einer Gesellschaft, die gewaltfrei ist, in der so wenig Rassismus wie möglich vorkommt und Radikalisierung so weit abnehmen muss, wie es geht, um ein friedliches Miteinander zu schaffen. Die Ziele sind gleich, nur die Wege dahin sind unterschiedlich. In der Arbeit, die ich in der Moschee mache, erreicht man sie, indem man theologische Themen anspricht und so radikale Ideologien auseinandernimmt. Auch sportliche Aktivitäten, bei denen verschiedene Nationalitäten und Hautfarben aufeinandertreffen, helfen, die Leute dafür zu sensibilisieren, dass Andersartigkeit oder Vielfältigkeit gar nicht schlimm ist.
Sollten sich mehr junge Menschen engagieren? Mit Engagement in der Gesellschaft kann man gar nicht früh genug anfangen. Ich denke schon, dass es noch zu wenig ist. Vom Guten kann man gar nicht genug haben.
Wie kann man das schaffen? Ich denke, es muss mehr sensibilisiert werden und mehr darauf hingewiesen werden, dass es bestimmte Missstände gibt. Ich habe von antimuslimischem Rassismus erst mit 19 oder 20 gehört. Obwohl man diese Erfahrung gemacht hat, auch in der Schulzeit, konnte man das erst verarbeiten, als man sich damit beschäftigt hat. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte und dachte auch, das sei normal. Aber wenn man dann von der Schule geht und das von weitem betrachtet, ist das schon ein Teil vom Großen und das Große ist gefährlich: Das ist im Endeffekt Rassismus.
Horizont – so lautet die deutsche Übersetzung des arabischen Vereinsnamens von Ufuq.de. Die sich aufdrängende Assoziation „Horizont erweitern“ hat durchaus ihre Berechtigung.
Ufuq.de schult unter anderem junge Muslime als Teamer, die mit Schülern auf Augenhöhe über Islam, Islamfeindlichkeit und auch Radikalisierung sprechen. Einer von ihnen ist Mohammed Habibullah Scheikani. Der 21-Jährige studiert nach seinem Abitur Islamwissenschaften an der Freien Universität Berlin und hat uns von seinem Engagement erzählt. Seit eineinhalb Jahren ist er bei Ufug.de dabei.
Wie bist du darauf gekommen, dich bei Ufug.de zu engagieren?
Nachdem ich mein Abitur abgeschlossen habe, gab es die normalen Probleme: Was studiere ich, was mache ich? Ich habe mich dann für Islamwissenschaften entschieden. Das ist übrigens nicht das Gleiche wie Islamische Theologie: Islamische Theologie bietet eher eine Innenperspektive, während Islamwissenschaft von außen versucht, Phänomene und Ereignisse zu beschreiben. Ich habe mich also mit Fragen auseinandergesetzt wie ‚Gehört der Islam zu Deutschland?’. Zufälligerweise habe ich im Email-Verteiler unserer Uni die Stellenausschreibung von Ufuq.de gelesen und dort stand im ersten Satz: Natürlich gehört der Islam zu Deutschland. Das war sehr interessant und kurz darauf hatte ich meine erste Fortbildung.
Was genau sind deine Aufgaben?
Ich bin Teamer. Wir machen Workshops in Berliner Schulen zum Thema Islam und muslimisches Leben in Deutschland. Die Schulen fragen uns an und können vorab auswählen, über welche Inhalte sie sprechen wollen. Wir haben beispielsweise Workshops zu Empowerment oder Geschlechterrollen im Islam.
Was macht dir am meisten Spaß?
Die Arbeit mit Jugendlichen.
Wie erlebst du die Stimmung der Schüler bei den Workshops?
Ufuq.de verfolgt den Ansatz, junge Teamer einzustellen, die muslimisch sozialisiert sind. Das ist auch ein Empowerment-Ansatz. Die Schüler sagen: ‚Guck mal, da ist ein junger Muslim, der studiert hat.’ Das ist für sie sehr interessant, weil sie das in ihrem Alltag nicht finden. Weil die meisten Lehrer vielleicht nicht muslimisch sozialisiert sind. Oder nicht jung. Die meisten nehmen uns relativ offen auf. Es gibt Klassen, die von vornherein voll mit drin sind. Manchmal werden Positionen geäußert, die abwertend gegenüber bestimmten Gruppierungen sind, aber darüber wollen wir ja reden. Es gibt natürlich auch Klassen, die ein bisschen skeptisch sind.
Welches Erlebnis ist dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Ich hatte mal einen Workshop in Neukölln und es ging gerade um Homosexualität. Vorher hatten die Jugendlichen untereinander klar gemacht: Jeder Mensch ist gleich und jeder Mensch ist Mensch. Dann gab es abwertende Äußerungen gegenüber Homosexuellen, von wegen die seien eklig und seien keine Menschen und so weiter. Als diese Äußerung kam, ist die ganze Klasse gegen denjenigen aufgestanden und hat gesagt: Wir haben doch vorab geklärt, dass das und das soundso ist. Das ist immer ein schönes Erlebnis, wenn wir sehen, dass die Jugendlichen das untereinander klären.
Gibt es auch negative Erlebnisse?
Es gibt schlimme Erfahrungen, wo Jugendliche in ihrer Position verharren. Es ist dann für uns ein bisschen schwierig, damit umzugehen, weil wir denjenigen ja nicht zwingen können, eine andere Meinung anzunehmen. Aber ich denke, es ist auch manchmal normal, dass Jugendliche in der Zeit der Pubertät bestimmte radikale Positionen einbeziehen. Man muss ihnen einfach ein bisschen Zeit und Raum geben.
Wie viel Zeit wendest du für Ufuq.de auf?
Das ist unterschiedlich. Wenn Ferien sind, machen wir weniger Workshops, außer ab und zu in Jugendeinrichtungen. Wenn Schule ist, kommt es vor, dass ich nur einmal im Monat etwas mache, manchmal aber auch drei- oder viermal, je nachdem, wie die Anfragen sind. Die Workshops selbst gehen 3×90 Minuten. In der Regel finden sie an einem Projekttag statt, für den wir angefragt werden, aber sie sind auch so konzipiert, dass man sie an verschiedenen Tagen machen kann.
Wie bekommst du Studium, Nebenjob und deine Arbeit bei Ufuq.de unter einen Hut?
Das funktioniert gut, weil es ja nur ein paar Mal im Monat ist. Wobei ich sagen muss, dass Islamwissenschaften nicht das zeitaufwendigste Studium ist. Ich hatte auch noch den Vorteil, dass ich schon Arabisch konnte und für mich fast vier Semester Sprachkurs ausgefallen sind. Jemand der Mathematik oder Physik studiert, hat es ein bisschen schwerer. Aber trotzdem, mit Zeitmanagement bekommt man das hin. Ich bin neben Ufuq.de auch noch in verschiedenen Moschee-Vereinen aktiv.
Was bedeutet dein Engagement für dich?
Mein persönliches Ziel in der Arbeit bei Ufuq.de ist es mit Jugendlichen über Normen und Werte zu sprechen und zu vermitteln: Es gibt verschiedene Arten zu glauben und zu leben und niemand darf dafür abgewertet oder ausgegrenzt werden. Jeder definiert Religiosität anders und für mich gehört dazu, aktiv in der Gesellschaft zu sein. Durch meine Arbeit bei Ufuq.de und im Moschee-Verein versuche ich auf beiden Seiten die Frage zu beantworten: Wie wollen wir leben? Natürlich in einer Gesellschaft, die gewaltfrei ist, in der so wenig Rassismus wie möglich vorkommt und Radikalisierung so weit abnehmen muss, wie es geht, um ein friedliches Miteinander zu schaffen. Die Ziele sind gleich, nur die Wege dahin sind unterschiedlich. In der Arbeit, die ich in der Moschee mache, erreicht man sie, indem man theologische Themen anspricht und so radikale Ideologien auseinandernimmt. Auch sportliche Aktivitäten, bei denen verschiedene Nationalitäten und Hautfarben aufeinandertreffen, helfen, die Leute dafür zu sensibilisieren, dass Andersartigkeit oder Vielfältigkeit gar nicht schlimm ist.
Sollten sich mehr junge Menschen engagieren?
Mit Engagement in der Gesellschaft kann man gar nicht früh genug anfangen. Ich denke schon, dass es noch zu wenig ist. Vom Guten kann man gar nicht genug haben.
Wie kann man das schaffen?
Ich denke, es muss mehr sensibilisiert werden und mehr darauf hingewiesen werden, dass es bestimmte Missstände gibt. Ich habe von antimuslimischem Rassismus erst mit 19 oder 20 gehört. Obwohl man diese Erfahrung gemacht hat, auch in der Schulzeit, konnte man das erst verarbeiten, als man sich damit beschäftigt hat. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte und dachte auch, das sei normal. Aber wenn man dann von der Schule geht und das von weitem betrachtet, ist das schon ein Teil vom Großen und das Große ist gefährlich: Das ist im Endeffekt Rassismus.