Reingelesen: „Der Rüberbringer“ von Tankred Lerch

ein aufgeschlagenes Buch
Ein einsames, offenes Buch als Symbol dafür, dass Marti eigentlich nicht weiterlesen wollte
Red hat einen Selbstmordversuch hinter sich, nun sieht er Joe, der ihm Ratschläge gibt. Das Buch „Der Rüberbringer“ klingt cool, ist es aber nicht.

Red wollte sich selbst umbringen – und hat das nicht geschafft. Jetzt ist er in einer Klinik, der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Und plötzlich hat er Joe, den „Rüberbringer“, an seiner Seite – einen Typ, den nur er sieht und der ihm kluge Ratschläge geben möchte, wie er cooler wird. Nebenbei versucht Joe, Red noch den Sinn des Lebens zu erklären.

Cover von dem Buch "Der Rüberbringer"
„Der Rüberbringer“ von Tankred Lerche ist am 11. Juli 2019 bei Beltz erschienen

Man könnte denken, dass das Buch relativ cool ist. Ist es aber nicht. Der Autor Tankred Lerche (auch Autor von der Alte-Leute-Humor-Serie „Stromberg“) versucht durch veraltete Jugendsprache und „Kumpel“-„Alter“-Anrede das Buch cool wirken zu lassen. Das klappt leider nicht. Ein weiteres Beispiel dafür ist auch die Passage, in der Joe Red beim Aussuchen von moderner Musik helfen möchte. „Einer von 80 Millionen“ von Max Giesinger zum Beispiel ist schon lange nicht mehr in den Charts und Die Fantastischen Vier hört sich eigentlich auch kaum ein Jugendlicher mehr an.

Zudem stört, dass sich Red immer irgendwie dumm verhält. Zugegeben, Joe gibt ihm auch dumme Tipps. Aber dass Red diese befolgt, löst Fremdscham aus. Beispiele nötig? Red lässt sich einfach so tätowieren (mit 16!), weil Joe es vorschlägt. Red springt einfach so aus dem Taxi. Und – okay, da kann Joe jetzt nichts dafür – Red kippt im Bad mit einer „Halblatte“ in der Dusche um, während seine Schwester und die beste Freundin seiner Schwester reinkommen.

Das Buch hat aber auch ein paar gute Stellen. Irgendwo stand drin, wie die Störung heißt, bei der man Personen sieht, die sonst keiner sieht – gemerkt habe ich mir es aber nicht. Sonst ist auch der Teil, der in der Klinik spielt, leider nicht sonderlich gut, psychologisch auch nicht wirklich wertvoll.

Ikon für okay

Unsere Meinung: Der Versuch, lustig und cool zu sein, ist leider schiefgegangen.

Schreiben ist nicht einfach, finde ich. Während ich schreibe, muss ich so viel beachten. Ich muss verschiedene Meinungen finden und respektieren, muss Fakten und Fakes auseinanderhalten, muss Experten anschreiben und hoffen, dass sie antworten, und zum Schluss alles in die richtigen Worte fassen. Doch trotzdem macht Schreiben mir Spaß. Am meisten Spaß, wenn ich über Zukunft, Politik oder Umwelt schreibe. Oder wenn ich meine Meinung zu neuer Musik und neuen Filmen kundtue.