Krank durch Social Media?

Mehr oder weniger bewusst schaffen soziale Medien einen permanenten Vergleich des eigenen Lebens mit dem scheinbar perfekten Leben der Influencerinnen und Influencer.

Die Inhalte beliebter Social-Media-Plattformen können gravierende Auswirkungen haben. Ein Erfahrungsbericht.

Von Maliana Kabon, Klasse 10b, Gymnasium Meiendorf, Hamburg

Die Zahl der Jugendlichen, die an psychischen Problemen oder sogar Krankheiten leiden, steigt laut der Studie „Jugend in Deutschland“ seit Jahren. Seit 2011 hat sich die Zahl sogar verdoppelt. Essstörungen, Depressionen und Identitätsstörungen sind keine Seltenheit mehr in der jungen Generation. Social Media wird dafür immer gerne als Ursache angeführt. Doch inwiefern stehen soziale Medien in Zusammenhang mit psychischen Krankheiten?


Obwohl das Prinzip von sozialen Medien wie Instagram und TikTok für alle Nutzenden gleich ist, nutzt jede Person die Plattformen anders. Ausschlaggebend ist dafür unter anderem das Alter. Ich zum Beispiel nutze Instagram, um Inhalte und Informationen in den Bereichen Lifestyle, Make-Up, ästhetische und lustige Videos, Bilder sowie aktuelle Nachrichten zu konsumieren.  Meinen Eltern hingegen geht es vor allem um die Bereiche Rezepte, Gesundheit, Dekoratives, Nachrichten, Reisen, Politik und Musik und folgen entsprechenden Profilen. Der Unterschied dabei ist, dass meine Eltern keinen Accounts folgen, die einer einzelnen Person zugeordnet werden können, während meine Freundinnen, Freunde und ich vermehrt persönlichen Accounts folgen. Doch wie kann dadurch erklärt werden, dass mehr Jugendliche als Erwachsene psychische Probleme entwickeln?

Kurz gesagt liegt es daran, dass vieles auf Instagram oder auch TikTok „fake“, also falsch und nicht authentisch ist. Trotzdem wird der Anschein erweckt, das Leben der Person wäre perfekt. Viele Influencerinnen und Influencer, aber auch normale Nutzerinnen und Nutzer verwenden verschiedenste Methoden, um ihre Bilder „aufzuhübschen“. Dazu werden die Nutzungsmöglichkeiten von Bearbeitungsapps stark strapaziert. Letztendlich entsteht mehr oder weniger bewusst ein Vergleich des eigenen Lebens mit dem scheinbar perfekten Leben der Influencerinnen und Influencer, das mit großer Wahrscheinlichkeit durchorchestriert wurde.

Man sieht auf Instagram massenhaft Menschen, die diesem unrealistisch perfekten Schönheitsideal entsprechen und deren Urlaube, Beziehungen und Freizeit eine einzige Abfolge von perfekten Momenten sind.


Für die optische Verschönerung auf den sozialen Medien werden unter anderem Weichzeichnungsfilter verwendet, die die Unreinheiten und Texturen der Haut komplett entfernen. Bei weiblichen Personen ist es zudem beliebt, die Oberweite und den Po zu vergrößern und alles andere eher klein und dünn zu halten. Bei männlichen Personen ist der Trend zum muskulösen, braun gebrannten Körper zu beobachten, der möglichst groß wirken soll. Und diese Filter zeigen ihre Wirkung. In den letzten Jahren wurden die „Verschönerungen“, die sich bislang  auf die virtuelle Welt beschränkten, vermehrt durch Schönheitsoperationen in die Realität umgesetzt.

Nun muss man sich vorstellen, dass man als jugendliche Person auf Instagram massenhaft Menschen sieht, die diesem unrealistisch perfekten Schönheitsideal entsprechen und deren Urlaube, Beziehungen und Freizeit eine einzige Abfolge von perfekten Momenten sind. Nun durchlebt man als Jugendliche oder Jugendlicher sowieso schon eine schwierige Zeit. Das Heranwachsen ist von der Identitätssuche und vielen weiteren Unsicherheiten geprägt. Man versucht herauszufinden, wer man eigentlich ist. Indem man durch die sozialen Medien täglich perfekte Leben und perfekte Körper vor Augen geführt bekommt, wird diese Entwicklung gestört. Social Media bricht somit in eine höchst sensible Phase junger Heranwachsender ein. Der Bezug zur Realität geht nur allzu schnell verloren, da die sozialen Medien fester Bestandteil des Alltags sind.

Ich hatte einen verdrehten Bezug zur Realität, da ich nicht mehr zwischen Social Media und meinem echten Leben unterscheiden konnte.

Was folgt, sind die Bemühungen, das vorgelebte „perfekte“ Leben selbst zu leben. Das ist natürlich völlig unmöglich. Und doch fragt man sich, warum das eigene Leben nicht so aufregend ist oder warum man nicht wie die anderen jungen Frauen auf Instagram aussieht. Ich habe es selbst erlebt und kenne es aus den  Erzählungen von Freundinnen und Freunden. Ich ordnete die ganzen Eindrücke, die über den Tag hinweg auf mich einprasselten, oft gar nicht oder falsch ein. Ich hatte einen verdrehten Bezug zur Realität, da ich nicht mehr zwischen Social Media und meinem echten Leben unterscheiden konnte. Ich wurde zunehmend unzufriedener mit mir selbst, meiner Umgebung und meinem Leben. Und dieses Gefühl betrifft sicherlich einen nicht unerheblichen Teil der Nutzenden von sozialen Medien.

Was ich daraus gelernt habe: Es kommt stark darauf an, welchen Accounts man folgt, vor allem wenn man jugendlich ist. Es macht einen Unterschied, ob ich einer Person folge, die einen angeblichen Idealkörper präsentiert oder ob ich einer Person folge, die täglich Videos postet, in denen sie mir Motivation und Mut für den Tag mitgibt. Beide ist in den sozialen Medien zu finden. Doch die Auswirkungen auf die Psyche könnten nicht unterschiedlicher sein.

Zum Abschluss würde ich gerne allen einen Ratschlag geben, die täglich soziale Medien konsumieren: Prüft regelmäßig, wem ihr folgt. Achtet darauf, ob ihr euch unwohl, komisch oder sogar schlecht fühlt, wenn ihr den Content einer bestimmten Person verfolgt. Falls das der Fall ist, ist es wahrscheinlich besser, wenn ihr der Person nicht mehr folgt.

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Von Reinickendorf bis Bochum, von Fulda bis Ottensen – überall schreiben Schülerinnen und Schüler Artikel über das, was um sie herum passiert. Jeder und jede aus ihrer eigenen Sichtweise, mit eigener Meinung und eigenem Schwerpunkt. Bei all den Unterschieden eint sie, dass sie mit ihrer Klasse an MEDIACAMPUS teilnehmen, dem medienpädagogischen Projekt der Funke Mediengruppe. Das erlernte Wissen wenden sie dann praktisch an, indem sie erste journalistische Texte schreiben. Auf funky können sie die Früchte ihrer Arbeit präsentieren.