„Wenn wir wollen, schaffen wir alles“ – Interview mit einer griechischen Einwanderin

schwarzhaarige Frau mit Rucksack steht am Meer
schwarzhaarige Frau mit Rucksack steht am Meer (c) pexels.com

Eine harte Entscheidung. Eine Lebens-Veränderung, die nicht nur eine einzige Person betrifft, sondern eine fünfköpfige Familie. Ein steiniger Weg. Aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Ein Gespräch mit der 62-jährigen Vassilia Kottidou über ihre Auswanderung von Griechenland nach Deutschland vor 25 Jahren.

Von Georgia Brauckmann, Klasse 8b, Burggymnasium Essen

Vassilia, wenn Sie Ihre familiäre Situation betrachten, würden Sie Ihre Entscheidung, nach Deutschland gekommen zu sein, im Nachhinein rückgängig machen wollen?
Nein, ich würde nichts anders machen. Ich bereue nichts. Im Gegenteil: Ich würde das Gleiche wieder tun.

Wann haben Sie sich dazu entschieden, aus Griechenland auszuwandern?
Als meine Kinder älter wurden, waren wir in einer sehr schlechten finanziellen Lage. Wir wollten unter anderem, dass unsere Kinder zur Schule gehen, beziehungsweise studieren können. Deswegen die Auswanderung.

Wieso Deutschland und kein anderes Land?
In meiner Jugend lebte mein Verlobter in Deutschland. Also folgte ich ihm und wir heirateten. Mit achtzehn bekam ich mein erstes Kind. Damals waren mir Geld und Arbeit jedoch egal. Ich musste einfach wieder zurück. Ich konnte mich damals nicht integrieren. Also kehrten wir nach vier Jahren zurück nach Griechenland. Dort bekam ich zwei weitere Kinder. Als diese älter wurden, gab es zu viele Ausgaben, die wir uns nicht leisten konnten. Das Endresultat war die Rückkehr nach Deutschland. Hier war es noch gut. Es gab Arbeit und man konnte mit seinem Gehalt angenehm leben.

Geben Sie etwas oder jemandem die Schuld an Ihrer Auswanderung?
Den griechischen Politikern! Sie haben Griechenland zerstört. Es gab keine Arbeit, kein Geld und wir konnten dort mit unserem Gehalt nicht leben. Daran sind die Politiker schuld. Es sollte nämlich möglich sein, Arbeit zu finden und sich keine zusätzlichen Sorgen machen zu müssen. Die Kinder sollten zum Beispiel problemlos zur Schule gehen können. Was ebenfalls wichtig ist, ist das Gesundheitssystem. Um all dies zu ermöglichen, braucht man Geld. Wenn du kein Geld hast, stirbst du.

Wie genau sind Sie nach Deutschland gekommen?
Als erstes kam ich mit meiner Tochter. Anfangs lebten wir bei Freunden. Zum Glück fand ich innerhalb von ein paar Tagen Arbeit und meine Tochter kam direkt in die Schule. Die erste Zeit war schwer. Wenn wir aber etwas wollen, schaffen wir alles!

Was war das Schwierigste, das nach der Einwanderung auf Sie zugekommen ist?
Für mich war es das Wetter (lacht). Es war nur am regnen. Wir haben die Sonne und das Meer vermisst. Uns war immer kalt. Sogar im Sommer trugen wir Strickjacken. Nach einer Zeit haben wir uns aber auch daran gewöhnt.

Wie erging es Ihnen in der ersten Zeit in Deutschland?
Es ging mir sehr schlecht. Am meisten sorgte ich mich um meine Tochter, denn wir waren hier alleine. Die andere Hälfte meiner Familie, also mein Mann und meine zwei anderen Kinder, waren in Griechenland. Dies hielt etwa ein Jahr lang an. Selbstverständlich waren wir unglücklich. Erst nach zwei Jahren wurde unsere Familiensituation besser.

Wie hat sich Ihr Leben nach der Einwanderung in Deutschland entwickelt?
Was sehr einfach für uns war, war die Integration. Mein Kind kam direkt in die Schule, ich arbeitete und mein Mann später ebenfalls. Nach wenigen Jahren eröffneten wir unser eigenes Lokal. Natürlich haben wir sehr hart gearbeitet, aber es ging uns insgesamt besser.

Wie ist Ihr derzeitiger Bezug zu Griechenland?
Wir versuchen jedes Jahr, Griechenland zu besuchen. Wir haben dort viele Verwandte. Menschen, die wir lieben und die uns lieben. Wir hatten dort unsere Eltern, die jetzt leider nicht mehr unter uns weilen. Aber es sind immer noch Geschwister und Enkelkinder dort. Wir gehen gerne dahin!

Beitragsbild: pexels.com

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