Interview

Oskar Haag: „Ich habe manchmal das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden“

Ein Junge steht im Wasser mit Klamotten.
Oskar Haag ist erst 17 Jahre alt und kann bereits von seiner Musik leben.
Ricarda Holzapfel, funky-Jugendreporterin
Oskar Haag steht im Wasser.
Oskar Haag

Der 17-jährige Oskar Haag aus Klagenfurt macht alles selbst: vom Songwriting, über die Komposition von Klavier und Gesang bis hin zur Tonaufnahme. Nicht umsonst gilt der Wahl-Wiener als die österreichische Pop-Hoffnung der Stunde. Während Oskars musikalischer Anfänge 2019 beeindruckte er bereits mit Liedern, die er in seinem Kinderzimmer produzierte. In diesem Jahr veröffentlichte er sein Debütalbum „Teenage Lullabies“.  Der Name ist Programm: Das Album nimmt seine Zuhörerinnen und Zuhörer in die Welt der Heranwachsenden mit, begleitet die Identitätssuche und verarbeitet erste Liebeserfahrungen. Im Interview erzählt Oskar, was seine Musik ausmacht, was ihn inspiriert und welche Rolle David Bowie und die Beatles dabei spielen.

Wie würdest du dich und deine Musik charakterisieren? 
Das ist eine lustige Frage. Ich würde mich mit dem Wort „lebendig“ beschreiben und als einer, der immer das macht, worauf er gerade Lust hat. Das spiegelt sich auch in meiner Musik wider. Ich kann durch sie meine Emotionen zum Ausdruck bringen. Meine Lieder sind dadurch, dass ich alles selbst mache, sehr nah an meiner eigenen Lebensrealität angesiedelt.  

Was macht für dich gute Musik aus?
So pauschal kann ich das nicht sagen. Das ist ja immer Geschmackssache. Aber meiner Meinung nach ist ein Song dann gut, wenn man ihn nur auf eine Gitarre oder ein Klavier und den Gesang herunterbrechen kann, ohne dass er groß an Qualität verliert. Ein weiteres Merkmal eines guten Songs ist, dass er persönlich berührt und etwas in der Zuhörerin oder dem Zuhörer auslöst. 

Hast du einen Lieblingssong?
Ich habe zwei All-Time-Favourite-Songs. das ist einmal „Elephant Gun“ von der Band „Beirut“ und dann noch „Yesterday“ von den Beatles. Diese beiden höre ich immer gerne. Aber natürlich gibt es noch andere Lieblingslieder, die regelmäßig wechseln. Im Moment ist es ein Song von dem österreichischen Künstler „Lorenz Ambeek“, ein Freund von mir, der einen neuen Song rausgebracht hat: „Macgyver“. 

Wie kommst du auf deine Textideen?
Man macht einfach. Es gibt eine tolle Geschichte von David Bowie und John Lennon. David Bowie hat John Lennon gefragt, wie man einen Song schreibt, und wir wissen alle: David Bowie ist kein schlechter Songschreiber. John Lennon hat daraufhin gesagt: „Es ist so: Du nimmst dir eine Gitarre, Klavier oder was auch immer, du setzt dich hin, denkst dir ein Thema aus und schreibst einfach.“ Das war seine Erklärung und die finde ich genial. Natürlich gibt es manchmal einen bestimmten Auslöser, wie beispielsweise bei meinem Song „Stargazin“. Ich habe das Wort einfach im Kopf gehabt und mir gedacht, dass ich darüber etwas schreiben möchte. Bei meinem neuen Album geht es bei dem ersten Track um etwas, das mich persönlich sehr beschäftigt hat. Ich bekam mit, dass eine sehr gute Freundin von mir einfach abgehauen ist. Sie hat ihren Koffer gepackt und ist mit einer Freundin auf und davon. Sie war jetzt in Schweden und ist immer noch nicht zurückgekommen. Das hat mich so beeindruckt, dass ich darüber schreiben wollte.

Wo hast du das Songschreiben und die Tontechnik gelernt?
Kleine Grundlagen hat mir mein Vater gezeigt. Alles weitere habe ich selbst ausprobiert und herumexperimentiert. Eigentlich ist es nicht so kompliziert. Übung macht den Meister. Und wenn man mal nicht weiterkommt, gibt es reichlich Anleitungen im Internet. 

Wie sieht es mit deiner Motivation und Disziplin aus? 
Mir war am Anfang noch gar nicht so bewusst, dass nicht alles perfekt klappen würde. Ich war einfach beeindruckt, dass überhaupt etwas vorangeht.

Wenn ich mir jetzt meine alten Sachen anhöre, finde ich sie richtig schlecht. Inzwischen weiß ich, dass es besser geht.

Von nichts kommt nichts. Niemand wird einfach mit einer Engelsstimme und den besten Songwriter-Fähigkeiten geboren. 

Hast du eine Stimmbildung gehabt?
Nein, ich hatte mit acht Jahren anderthalb Jahre Schlagzeugunterricht. Den Rest habe ich mir selbst beigebracht und aus Freude geübt. Außerdem mochte ich es nie, wenn mir jemand sagt, was ich zu tun habe. 

Wie hat sich dein erster große Auftritt angefühlt?
Ich hatte nie einen ersten kleinen Auftritt, mein erster Auftritt war direkt vor 500 Leuten bei einem Festival in Wien. Das war verrückt. Aufgrund von Corona-Maßnahmen hieß es, es sind nur 170 Zuschauerinnen und Zuschauer zugelassen. Doch zwei Tage vor dem Konzert haben sich die Maßnahmen geändert und plötzlich waren 500 Leute dort. Das hat mich sehr gefreut. 

Du bist sehr jung und schon erfolgreich. Wie schlägst du dich in der Musikbranche? 
Auf der einen Seite ist es ein Bonus jung zu sein, weil die Leute so unglaublich erstaunt sind. Andererseits habe ich manchmal das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden, da alle Leute, mit denen ich beruflich zu tun habe, älter sind.

Gehst du noch zur Schule?
Nein, die habe ich abgebrochen. Ich war bis zur 11. Klasse dort. 

Wie sieht dein Alltag aus?
Etwas anders als bei den meisten Gleichaltrigen, denn ich habe keinen regulären Tagesablauf. Ich stehe meistens gegen 10 Uhr auf und checke meine Mails. Danach mache ich Musik. Ab und zu verliere ich mich vier Stunden im Musizieren, an anderen Tagen habe ich nach zehn Minuten keine Lust mehr. Kunst kann man nämlich nicht erzwingen. Dann treffe ich mich mit Leuten oder bin zu Hause. Außerdem wohne ich in Wien allein und muss meinen eigenen Haushalt führen.

Im Allgemeinen ist es ein sehr angenehmer und entspannter Beruf, Musiker zu sein. Allerdings ist Selbstdisziplin eine wichtige Voraussetzung.  

Kannst du dein Leben durch Musik finanzieren?
Ja und das ist ein gutes Gefühl. Ich würde auch Musik machen, wenn es keinen interessiert. Aber es ist toll, dass ich mir mein Leben so finanzieren kann. 

Wo siehst du dich in der Zukunft? 
Ich habe keine wenig Ahnung. Es sieht so aus, als würde ich mein Leben lang Kunst machen –Musik machen oder schauspielern beispielsweise. Aber prinzipiell möchte ich einfach das machen, was mir Spaß macht. Ich lasse mich überraschen.

Was waren die größten Erkenntnisse und Veränderungen, die mit dem Erfolg kamen?
Es ist immer wieder lustig, wenn mich jemand auf meine Arbeit anspricht. Zum Beispiel hat meine Zahnärztin, während sie meine Zähne untersuchte, mir erzählt, dass sie sich Karten für mein Konzert gekauft hat und sich darauf freut. Natürlich war auch der Schulabbruch eine große Lebensveränderung. Leider habe ich auch festgestellt, dass es hin und wieder missgünstige oder neidische Leute gibt, die mir schlecht nachreden. Das merke ich besonders in meiner Heimatstadt Klagenfurt. 

Wie sollte man seine Künstlerkarriere starten? Welche Tipps würdest du musikbegeisterten Jugendlichen mitgeben?
Auf jeden Fall sollte man einfach Musik machen und sich ausprobieren. Außerdem ist es wichtig, bei sich zu bleiben und selbständig zu handeln. Anfangs sollte man auch nicht sofort veröffentlichen, irgendwann kommt der richtige Moment. Außerdem sollte man aufpassen, dass man nicht von irgendwelchen Musikbusiness-Leuten über den Tisch gezogen wird. Ein guter Start ist es, auf SoundCloud die ersten Songs hochzuladen. So habe ich es gemacht.

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Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.