Interview mit einem Rettungsassistenten über seinen Berufsalltag

Wenn 112 gerufen wird, zaehlt jede Sekunde. (c) Pixabay
Wenn 112 gerufen wird, zaehlt jede Sekunde. (c) Pixabay
Ein Rettungsassistent berichtet über seine dreijährige Berufserfahrung, Fehlalarme, Gaffer und darüber, wie er mit dem Thema Tod umgeht.
Von Jolande Uhl, Klasse 8a, Schiller-Schule Bochum

Wie sieht ihr normaler Arbeitsalltag aus?
Die Arbeit beginnt mit dem Schichtwechsel um 7:30 Uhr oder 19:30 Uhr, da immer im zwölf-Stunden-Rhythmus gearbeitet wird. Wir starten mit dem Vorgespräch mit der vorherigen Besatzung und der Übergabe der Fahrzeuge, Informationen und so weiter. Dann werden die Fahrzeuge verlesen. Das heißt, wir werden den Wagen zugeordnet und es findet die Fahrzeugübernahme statt. Das Fahrzeug muss stets einsatzbereit sein. Deshalb werden die Geräte und Materialien geprüft und ebenso das Fahrzeug selbst. Während man auf Einsätze wartet, kann man in der Kantine eine Mahlzeit zu sich nehmen oder sich im Aufenthaltsraum ausruhen.

Und was passiert, wenn ein Notruf eingeht?
Im Fall eines Noteinsatzes gibt die Leitstelle ein Signal über einen Melder, den jeder bei sich trägt. Auf jedem Fahrzeug befinden sich zwei Rettungssanitäter – ein Fahrer und ein Beifahrer. Letzterer trägt meistens die Verantwortung, weil er auch den Kontakt zur Leitstelle aufrecht erhält. Je nach Status des Einsatzes wird ein Signal versendet. Vor Ort kümmern wir uns dann sofort um den Patienten, leisten Erste Hilfe und leiten weitere Schritte ein. Wenn die Ärzte eintreffen, informieren wir sie über den Status des Patienten und der Erstversorgung. Es gibt aber auch stupide Tagesaufgaben, wie zum Beispiel die Kontrolle des Materiallagers oder der Waschdienst.

Das klingt nach viel Verantwortung! Welche Voraussetzungen sollte man Ihrer Meinung nach für diesen Job mitbringen?
Man sollte Blut sehen können und auf jeden Fall psychisch und physisch belastbar sein. Das Wichtigste ist jedoch, dass man gut mit Menschen umgehen kann und Empathie zeigt, wenn Patienten in einer hilflosen Lage sind.

Woraus besteht eigentlich die typische Ausstattung des Rettungswagens?
Die Ausrüstung enthält einen Notfallrucksack mit Verbänden, Infusionen, Beatmungsgerät und ärztlichen Einweg-Materialien. Die Trage im Rettungswagen kennt wahrscheinlich jeder. Aber es gibt auch noch ein großes Gerät, das viele verschiedene Dinge kann. Zum Beispiel enthält es eine Beatmungseinheit und ein Absauggerät. Es kann Sauerstoff liefern und Herz-Kreislauf-Stillstände vorübergehend stoppen.

„Sterben gehört zum Leben dazu. Das erwartet uns alle einmal.“

Ein Rettungssanitäter über seinen Umgang mit dem Tod

Gibt es oft unnötige Einsätze oder Fehlalarme?
Ja. Mit Fehlalarmen hat aber mehr die Zentrale zu tun. Unnötige Einsätze gibt es viele und sie werden leider immer häufiger. Viele Leute glauben, im Krankenhaus schneller behandelt zu werden, wenn sie im Krankenwagen dorthin eingeliefert werden. Das stimmt natürlich nicht, weil in der Notaufnahme entsprechend der Dringlichkeit gearbeitet wird. Hinzu kommt, dass es vielen Leuten zu lange dauert, einen Arzttermin zu bekommen und dieser mit einer Einlieferung –also Abholung durch uns– spontan erzwungen wird.

Haben Sie mit dem Krankenwagen selbst schon einmal einen Unfall verursacht?
Ja, leider. Das Unfallrisiko ist Studien zur Folge tatsächlich vierfach so hoch wie bei normaler Fahrweise oder Geschwindigkeit.

Eine persönliche Frage: Ist der Beruf für Sie sehr belastend?
Sicherlich belasten einige Ereignisse. Für mich persönlich ist der Beruf mittlerweile aber ganz normal, ein Job wie jeder andere. Ich verarbeite bestimmte Dinge mit Humor und kann dann besser damit umgehen. So versuche ich, nicht alles mit nach Hause zu nehmen.

Müssen Sie sich auch öfter mit Situation auseinandersetzen, in denen der betroffenen Person nicht mehr geholfen werden kann?
Ja, Sterben gehört zum Leben dazu. Das erwartet uns alle einmal. Und natürlich gibt es auch Verletzungen, die dem Leben ein Ende bereiten können.

Waren Sie schon einmal in eine brenzligen Situation mit „Gaffern” und Pöbeleien” verwickelt, die ja inzwischen immer häufiger Thema sind?
Ich persönlich nicht. Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass Mitbürger Interesse und Mitgefühle zeigen, wenn etwas Schlimmes passiert ist. Ein bisschen Sensationslust steckt sicher in uns allen. Allerdings erkennen einige Mitbürger zunehmend die Grenzen nicht und werden teilweise richtig dreist, beispielsweise, wenn Sie gebeten werden, Abstand zu halten. Pöbeleien kommen oft bei betrunkenen Personen vor.

Was begeistert Sie an Ihrem Job?
Für mich gibt es nichts Schöneres, als einfach mal ein „Dankeschön” zu hören und dabei zu wissen, dass man jemandem wirklich helfen konnte.

Beitragsbild: Golda via Pixabay

Verwandte Beiträge

Von Reinickendorf bis Bochum, von Fulda bis Ottensen – überall schreiben Schülerinnen und Schüler Artikel über das, was um sie herum passiert. Jeder und jede aus ihrer eigenen Sichtweise, mit eigener Meinung und eigenem Schwerpunkt. Bei all den Unterschieden eint sie, dass sie mit ihrer Klasse an MEDIACAMPUS teilnehmen, dem medienpädagogischen Projekt der Funke Mediengruppe. Das erlernte Wissen wenden sie dann praktisch an, indem sie erste journalistische Texte schreiben. Auf funky können sie die Früchte ihrer Arbeit präsentieren.