Meinung

Zündstoff | Beauty Queens vs. Body Positivity

Schönheitswettbewerbe
Sind Schönheitswettbewerbe noch zeitgemäß?

In einem Punkt sind sich wohl alle einig: Es wird immer Menschen geben, mit denen man sich uneinig ist. In dieser Rubrik diskutieren junge Menschen über Themen, die für ordentlich Zündstoff sorgen. Sind Schönheitswettbewerbe noch zeitgemäß? Pro und Contra in unserer Rubrik „Zündstoff“

Angesichts des Wirbels um die aktuelle Staffel von „Germany’s Next Topmodel“ stellen sich die Jugendreporterinnen Ada und Anna die Frage, ob Schönheitswettbewerbe überhaupt noch zeitgemäß sind.

PRO: Mehr als hübsche Krönchen und lange Schärpen

Bei dem Wort „Schönheitswettbewerb“ denken die meisten Menschen an teure Kleider, ein aufgesetztes Lächeln und „perfekte“ Modelmaße. Doch die normative Schönheit ist bei den meisten Schönheitswettbewerben längst nicht das einzige Kriterium, auf das es ankommt. Große Schönheitswettbewerbe wie Miss World, Miss Universe oder Miss Germany führen Kategorien, in denen sich die Teilnehmenden in Fragerunden den tiefgründigen und persönlichen Fragen der Jury stellen müssen. Auch wenn traditionelle Kategorien wie der Bikini-Walk immer noch Teil vieler Wettbewerbs sind, wurde in den vergangenen Jahren viel dafür getan, um sich von oberflächlichen Vorurteilen zu lösen.

Schaut man sich die Ziele von Schönheitswettbewerben wie Miss Germany an, tauchen dort Begriffe wie Female Empowerment, Body Positivity oder Feminismus auf. Dabei spielt es auch eine große Rolle, inwiefern sich die Teilnehmenden gesamtgesellschaftlich engagieren. Kira Geiss, die Miss Germany 2023, setzt beispielsweise sich für zugängliche Jugendarbeit und mehr Nachhaltigkeit in Deutschland ein.

Außerdem sind Schönheitswettbewerbe eine gute Möglichkeit, um persönlich zu wachsen. Sich selbst auf einer Bühne zu präsentieren erfordert Mut und fördert das Selbstbewusstsein. Diese Aspekte von Schönheitswettbewerben beschreibt beispielsweise das Buch „Dumplin“ von Julie Murphy aus dem Jahr 2018. Dabei wird die Geschichte von Willowdean, genannt Dumplin, erzählt, die ein schlechtes Verhältnis zu ihrem Körper hat. Sie beschließt, gegen den Willen ihrer mehrfach zur Schönheitskönigin gekrönten Mutter an einem Schönheitswettbewerb teilzunehmen. Willowdean blüht auf und lernt sich selbst zu lieben, so wie sie ist.

Und auch, wenn nicht alle Teilnehmenden die Zeit während des Wettbewerbs genießen, können sie nachhaltige Kontakte in der Branche knüpfen und die Reichweite des Formats als Karrieresprungbrett nutzen. Zum Beispiel ist die amerikanische Schauspielerin Halle Berry eine ehemalige Schönheitskönigin. Sie profitierte von ihren von Erfolg gekrönten Teilnahmen an zahlreichen Schönheitswettbewerben.

Auf den ersten Blick erscheinen Schönheitswettbewerbe oberflächlich und ihr Wettbewerbscharakter als ungesund. Doch auf den zweiten Blick lässt sich auch eine positivere Seite finden. Sie bieten ihren Kandidatinnen und Kandidaten Raum zum Wachsen, für Unterstützung und Motivation. Außerdem setzen sich die Wettbewerbe für wichtige Themen in der Gesellschaft ein. Schönheitswettbewerbe sind mehr als hübsche Krönchen und lange Schärpen!

Ada Philippi, funky-Jugendreporterin

CONTRA: Warum Schönheitswettbewerbe nicht mehr zeitgemäß sind

Schönheit liegt im Auge des Betrachters, wie man so schön sagt. Schönheit ist höchst subjektiv. Daher sind Schönheitswettbewerbe und -shows im 21. Jahrhundert nicht mehr zeitgemäß. Sie suggerieren, dass es nur ein Ideal gibt, dem es nachzueifern gilt. Sonst gehört man eben nicht zu den „Schönen“.

In den letzten Jahren hat sich viel getan, so auch im Cast von „Germanys Next Topmodel“ (GNTM). Frauen, die jetzt teilnehmen, sind nicht mehr ausschließlich weiß, jung, dünn und groß. In diesem Jahr dürfen „sogar“ Männer teilnehmen. Dennoch hat diese Show immer noch einen gewissen Beigeschmack, der den hauptsächlich weiblichen Zuschauerinnen das Gefühl gibt, selbst doch nicht so richtig reinzupassen.

Während zu Beginn der Show noch darum ging, neue Topmodels hervorzubringen, bringt es Armin Morbach, Stylist und ehemaliger Juror bei GNTM, in einem Interview mit in dem YouTube-Reportageformat STRG_F auf den Punkt: Heute geht es darum, eine moderne Miss Germany zu finden. Der Erfolg vieler Teilnehmerinnen, auch der vieler Gewinnerinnen, geht nicht über eine hohe Followerzahl auf Instagram und Werbedeals mit einigen Marken hinaus. Vom Modeln kann also ohnehin nicht die Rede sein. Zudem berichten zahlreiche ehemalige Teilnehmerinnen von einer großen psychischen Belastung während und nach der Show.

Wo andere das Argument anbringen, dass Formate wie GNTM der Unterhaltung dienen und die Kandidatinnen sich vorher dessen bewusst wären, worauf sie sich einlassen, kann ich nur entgegnen: Auch wenn die Show unterhaltsam ist, sollte Unterhaltung doch niemals auf Kosten anderer gehen. Besonders nicht, wenn dauerhafte psychische Schäden dabei entstehen.

Von klein auf versuchen unsere Eltern oder Erziehungsberechtigten uns beizubringen, dass wahre Schönheit von innen kommt. Dass wir schön sind, so wie wir eben sind. Ganz egal wie groß unsere Nase, wie dick unsere Oberschenkel oder wie unrein unsere Haut ist. Warum also Formate unterstützen, die uns das genaue Gegenteil vermitteln wollen?

Anna Ingerberg, funky-Jugendreporterin

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Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.