Leben ohne Eltern: Wie erleben Jugendliche betreutes Wohnen?

Wohnhaus bei Nacht
Wohnhaus bei Nacht (c) pexels.com

In der Küche kocht von montags bis freitags ein arabischer Koch, der sich sehr viel Mühe mit dem Essen macht. Leider gibt es nur einen Wochenplan für das Essen, der auch noch nie geändert worden ist. Zum Beispiel gibt es dienstags Fisch. Jeden Dienstag. Am Wochenende dürfen wir dann selbst kochen. Oft kochen wir alle zusammen in einer Gruppe. Es werden alle möglichen Gerichte ausprobiert: italienisch, französisch, arabisch, aber auch deutsche Küche wird manchmal gekocht.

Rückhalt ist wichtig

Alles war komplett anders, als ich vor circa eineinhalb Jahren in meine WG eingezogen bin. Die Situation war noch ganz neu. Statt Eltern, die für einen sorgen, waren acht Betreuer da. Ohne Eltern zu leben, kann sehr schön sein. Es gibt viel mehr Freiheiten und auch weniger Streit. Jeden Tag ist ein Betreuer oder eine Betreuerin da, die auf mich aufpasst. Wenn ich mal traurig bin, trösten sie mich. Auch wenn ich mal etwas Wichtiges brauche, kann ich mich auf die Betreuenden verlassen.

Auch Freiheiten muss es geben

In meiner ersten Nacht konnte ich kaum schlafen. Alles war neu und ungewohnt. Die Wände sind so dünn bei uns im Haus, dass ich alles hörte, was meine neuen Mitbewohner sagten. Trotzdem ist das Leben ohne Eltern für mich eine ganz neue Erfahrung. Ich besitze mehr Freiheiten als früher. Wir bekommen keinen Hausarrest und es gibt keinen Ärger nach der Schule, wenn wir mal eine schlechte Note mit nach Hause bringen. Ich darf mich immer frei bewegen und es ist egal, ob ich nach draußen möchte oder drinnen bleiben will. Niemand schreit uns an oder setzt uns unter Druck. Ich lerne, zu kochen, richtig zu putzen, Bewerbungen zu schreiben und noch Vieles mehr.

Die Gemeinschaft macht’s

Das Beste für mich in meiner WG ist die Gruppenzusammengehörigkeit. Es ist schön, mit jemanden reden zu können, der mich versteht und der in meinem Alter ist. Mit den Betreuenden zusammen machen wir regelmäßig Ausflüge, um die Gruppengemeinschaft noch mehr zu stärken. Oft fahren wir mal in den Park oder machen gemeinsam Musik. Ob es einfach ist, ohne Eltern aufzuwachsen, sieht jeder Mensch anders. Für mich persönlich war der Umzug in eine WG auf jeden Fall eine Verbesserung meiner Lebenssituation. Das bedeutet nicht, dass alles dort, wo ich mich jetzt befinde, perfekt ist. Es ist besser. Wie man mit Kindern umgeht, können einem nur Kinder selber zeigen.

Beitragsbild: pexels.com

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Von Reinickendorf bis Bochum, von Fulda bis Ottensen – überall schreiben Schülerinnen und Schüler Artikel über das, was um sie herum passiert. Jeder und jede aus ihrer eigenen Sichtweise, mit eigener Meinung und eigenem Schwerpunkt. Bei all den Unterschieden eint sie, dass sie mit ihrer Klasse an MEDIACAMPUS teilnehmen, dem medienpädagogischen Projekt der Funke Mediengruppe. Das erlernte Wissen wenden sie dann praktisch an, indem sie erste journalistische Texte schreiben. Auf funky können sie die Früchte ihrer Arbeit präsentieren.

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