Meinung

Berlinale: „Crossing” von Levan Akin

Der Film "Crossing" wird auf der 74. Berlinale gezeigt.
Auf der 74. Berlinale eröffnete der georgisch-schwedische Regisseur Levan Akin mit seinem Film „Crossing“ die Sektion „Panorama“.
Greta Papenbrock, funky-Jugendreporterin

Istanbul – inmitten des hektischen Lebens der Metropole ist die pensionierte Lehrerin Lia auf der Suche nach ihrer verschwundenen Nichte Tekla. Diese Reise wird für die Protagonistin gleichermaßen zu einer Suche nach sich selbst, während der Film auf übergeordneter Ebene Gender-Klischees aufbricht, generationsübergreifende Freundschaften darstellt und Einblicke in die queere Community Istanbuls aufzeigt.

Der Film ist ein Liebesbrief an Istanbul.

Levan Akin

© Greta Papenbrock

Vergangenen Donnerstag, am 15. Februar, eröffnete der georgisch-schwedische Regisseur Levan Akin mit seinem Film „Crossing“ die Sektion „Panorama“ auf der 74. Berlinale im Zoo Palast. „Der Film ist ein Liebesbrief an Istanbul“, so beschreibt Akin selbst den Film. Wie gefragt die Vorstellung ist, macht sich durch die vielen Menschen bemerkbar, die sich mit Schildern, auf denen „Suche Tickets“ zu lesen ist, vor den Türen des Kinos tummeln.

Doch was macht den Film so sehenswert? Eine Besonderheit ist definitiv, dass der Regisseur explizit unerfahrene Schauspieler:innen als Hauptfiguren gecastet hat. So konnte zum Beispiel Mzia Arabuli ihr Talent beweisen: Sie spielt die Hauptfigur Lia, eine gestandene Frau, die aus einer kleinen georgischen Stadt kommt. Auch ihr deutlich jüngerer Weggefährte Achi, der sich eher zufällig der Reise anschließt, wird von einem bis dato unbekannten Schauspieler, Lucas Kankava, gespielt. Zuletzt brilliert auch Deniz Dumanli in ihrer ersten Schauspiel-Rolle als Rechtsanwältin und Aktivistin.

© Greta Papenbrock

Auch der Inhalt des Films überzeugt durch seine Authentizität und Lebensnähe: sensible Themen werden auf feinfühlige Art und Weise auf die Leinwand gebracht. Aufgewachsen im konservativen Georgien, geprägt von stereotypen Geschlechterrollenbildern und Queerfeindlichkeit, flüchtet die junge trans Frau Tekla nach Istanbul. Zusammen überschreiten daraufhin Lia und Achi, ganz nach dem Motto „crossing“ nicht nur Ländergrenzen, sondern auch ihre eigenen Grenzen. Der Ausbruch aus dem Alltag hilft beiden ein Stück weit sich selbst zu finden. Die immer stark und streng wirkende Lia lässt sich schwer durchschauen und wirkt emotional distanziert – doch im Laufe der Geschichte taut sie auf und entdeckt ihre Lebenslust. Auch der junge, empathische Achi wächst über sich hinaus – eine durchzechte Partynacht und viele unvergessliche Begegnungen mit anderen Menschen stellen seine Unabhängigkeit und Selbstständigkeit auf die Probe.  

„Es ist eine Geschichte über Akzeptanz – und nicht nur über das Leid, was in stereotypen Storys über Trans-Identitäten sonst immer behandelt wird“ betont Akin. Der junge Regisseur hat bereits mit seinem Filmdebüt „Als wir tanzten“, einer schwulen Liebesgeschichte, damit begonnen, mit Queerfeindlichkeit in seinem Heimatland Georgien aufzuräumen.

Unsere Meinung: Absolute Empfehlung für jedes Alter. Ein ruhiger und empowernder Film ohne die klassischen Stereotype.

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