Meinung

Reingeschaut: ECHT – Unsere Jugend

Die Band ECHT.
Gunnar, Puffi, Kim, Flo und Kai starteten als Schülerband durch und wurden in den 90er-Jahren deutschlandweit bekannt.
Lena Enders, funky-Redakteurin

Echte Freunde, echte Instrumente und echter Gesang – das ist ECHT. Die Flensburger Band veröffentlichte Ende November eine dreiteilige Doku in der ARD-Mediathek und brach damit einer Nostalgie der 90er- und frühen Nullerjahre Bahn. Dieses Gefühl wird nicht unbedingt von der Sehnsucht nach der Band selbst ausgelöst, sondern vor allem durch die intimen und aufrichtigen Einblicke der Erzählerstimme von Kim Frank, dem ehemaligen Frontsänger von ECHT, sowie durch die einzigartigen Video-Aufnahmen der „ECHT-Cam“, die die Schülerband von Gründung bis zur Auflösung im Jahr 1996 begleitete. Es gibt insgesamt 240 Stunden Material aus dieser Zeit.

Die Doku erzählt die Geschichte von fünf Freunden, vom Bekanntwerden in den 90er-Jahren und nebenbei vom Erwachsenwerden. Teenie-Stars in der Öffentlichkeit zu sein bedeutete nämlich Bravo-TV-Interviews, ein großer Fan-Kult, aber auch jede Menge Hass – nur, dass der sich noch nicht in Shitstorms auf den sozialen Medien äußerte, sondern durch Buhrufe und dem Werfen von Flaschen auf Konzerten.

Wie wird man erwachsen, wenn Auftritte stets von Bodyguards begleitet werden? Wie findet man die erste große Liebe, wenn jeder Schritt von Paparazzos verfolgt und in Teenie-Magazinen analysiert wird? Nebenbei wird auch die Freundschaft zwischen Jungs und die Unfähigkeit, offen über Gefühle sprechen zu können, beleuchtet und auf feinfühlige Art nicht nur ein Learning festgehalten, sondern ein Appell in die Jetzt-Zeit gerichtet.

„Ich glaub nicht, dass ich damals wusste, was das Wort ‚Depression‘ wirklich bedeutet. ‚Mental Health‘ war zu der Zeit kaum Thema. Wer einen Psychologen brauchte, hatte sich nicht im Griff. Und bei Jugendlichen wurde das Ganze gar nicht ernst genommen.“

Kim Frank

Fast dreißig Jahre später blicken die fünf ehemaligen Bandmitglieder Kim, Kai, Puffi, Flo und Gunnar auf die Situationen ihrer Jugend zurück und berichten mit beeindruckender Ehrlichkeit von den Hürden und Rückschlägen ihrer Erfolgsstory, insbesondere aber von ihren persönlichen Kämpfen und Gedanken. Dabei fällt auf, dass die Diskrepanz zwischen „Wer will ich sein“ und „Wie werde ich von außen wahrgenommen“ sich wie ein roter Faden durch die Jugend der Band zieht – ganz normale Teenies eben.

Panikattacken, Depressionen, Streit und die Sehnsucht nach Verbundenheit sind zweifelsohne Themen, die für junge Menschen nicht an Relevanz verloren haben. Somit ist klar: Die dreistündige Doku ist nicht nur etwas für ECHT-Fans, sondern ein erzähltes Kunststück und Paradebeispiel für das Aufwachsen als Millennial.

Unsere Meinung: Sprüht vor Authentizität und geht unter die Haut.


Die Doku ist in der ARD-Mediathek streambar.

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