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Körpergefühle: Schönheit ist relativ

Die Jugendredaktion widmet sich in der Serie „Körpergefühle“ Fragen rund um den erwachsen werdenden Körper. Den Anfang macht die Frage: Was ist schön?

Wir alle wollen top aussehen, uns wohlfühlen und schön sein. Aber was ist schön? Eine zunächst einfach wirkende Frage, doch sie ist vielfältiger als manch einer glauben möchte. Da ich persönlich sie nicht für alle beantworten kann und will, fragte ich Freund Google: Auf den Text „Was ist schön?“ spuckte die bekannteste Suchmaschine der Welt ungefähr 27.200.000 Suchergebnisse aus. Als ich die Ergebnisse sah, schüttelte ich den Kopf. Nichts Relevantes oder passendes. Also weiter! Finden wir im ersten Teil der Reihe Körpergefühle heraus, was schön ist.

Studien zur Schönheit

In einer Studie der Frauenzeitschrift Brigitte aus dem Jahr 2002 heißt es: „Schönheit lässt sich in drei Punkten fassen: Gepflegtes Äußeres, Selbstbewusstsein, Lebensfreude.“ Daraus ergebe sich eine Persönlichkeit mit Ausstrahlung, die auch dann schön sei, wenn die Beine zu kurz seien – an dieser Stelle beende ich den Satz.

Ja. „Brigitte“ ist ein Magazin das nicht gerade auf männliche Wesen abzielt, aber glauben wir gängigen Klischees, so machen sich Frauen mehr Gedanken über ihr Aussehen. Ich für meinen Teil dementiere dies zwar, aber gucken wir uns trotzdem die Ergebnisse an, bei der 28.000 Leserinnen befragt wurden. „Wer gut aussieht hat mehr Chancen im Leben“, die Aussage „Ja, vor allem im Beruf“ wählten bei den Frauen bis 19 Jahre, fast 40 Prozent. Mit der Aussage „Ja, vor allem Privat“, stimmten bei den unter 19-Jährigen fast die Hälfte.

Es gibt kaum Studien, Umfragen oder Artikel dazu, was Schönheit für Männer bedeutet. Von zwei Websites, schließlich, konnte ich doch noch Erkenntnisse gewinnen. Bei Männern spiele die Körpergröße eine entscheidende Rolle. Je größer er sei, desto mehr Verehrerinnen würde er wahrscheinlich haben. Auch ein markantes Kinn, schmale Wangen oder hervorstehende Wangenknochen täten seiner Attraktivität keinen Abbruch.

Relative Aussagen aus der Familie

So, so. Von meinen Freunden erhielt ich leider keine Antworten. Lediglich ein Kumpel meinte auf Nachfrage, er wüsste nicht, was Schönheit für ihn bedeute. Meine Familie dagegen wusste so einiges mehr. Eine Tante meinte, jeder Mensch hätte eine Nase, einen Mund und zwei Ohren. Danke. Ebenfalls – so wie fast alle aus meiner Familie – meinte sie, dass Schönheit relativ sei, und es vor allem auf das Innere ankommen würde. Zugegeben, es ginge konkreter: „Die Schönheit entsteht im Auge des Betrachters, wenn dieser beim Anblick einer Person innerlich berührt wird. Meistens ist es ein besonderer Ausdruck in den Augen…“

Was die Jugend schön findet

Etwas konkreter wurden die Leserinnen und Leser von funky, die sich in einer Online-Umfrage zum Thema Schönheit und Wohlfühlen äußerten. „Herausstehendes Schlüsselbein und ausgeprägte Wangenknochen, gerade und perfekt angeordnete saubere Zähne“ und „reine Haut, Normalgewicht, Körbchengröße C, helle Haare, grüne Augen“ waren dort zwei der vielen Antworten auf die Frage „Was ist für dich schön?“. Da haben welche genaue Vorstellungen.

Wortwolke Schönheit
„Was ist für dich schön?“ Über die Online-Umfrage erreichten uns verschiedene Interpretationen von Schönheit. Einige Schlagwörter wurden häufiger genannt als andere. Die sind hier größer dargestellt.

Man muss aber dazu sagen, dass das die absoluten Ausnahmen waren. Von den 107 überwiegend weiblichen Teilnehmern der Umfrage kamen meist ebenfalls relative Aussagen.

Wirklich spannend wurde es bei der Frage, ob sich die Leute selbst schön finden. Zum Glück war es eine anonyme Umfrage. Dennoch: Nur 32 Prozent sagten, dass sie sich schön finden. 29 Prozent verneinten, 39 Prozent machten es abhängig von der Tagesform, Laune oder wie viel Mühe sie sich beim Styling gegeben hatten.

Von der Schönheit unabhängig scheint es zu sein, ob sich die Befragten in ihrem Körper wohlfühlen. Denn da sah es ein wenig anders aus. 50,5 Prozent bejahten, dass sie sich wohlfühlen, 24,5 Prozent verneinten und weitere 25 Prozent machten es auch hier abhängig von Laune und Tagesform.

Die überwiegende Mehrheit, 80 Prozent, möchte etwas an ihrem Körper verändern. Die meisten davon würden viel dafür tun, zum Beispiel Sport treiben oder ihre Ernährung umstellen. Lediglich acht Teilnehmer gaben an, dass sie sich dafür unters Messer legen würden.

Grafik
Ergebnisse der Online-Umfrage im März 2018 unter 102 Leuten im Alter von 12 bis 32 Jahren, darunter 86 Frauen, 15 Männer und eine Person non binary / Grafik: Raufeld

Die Modebranche, die Beautybranche und allen voran die Medien hätten großen Einfluss auf das Schönheitsideal junger Menschen. Das können wir weder belegen noch widerlegen. Unsere rund 100 Befragten gaben aber zu 39 Prozent an, dass Instagrammer gar keinen Einfluss auf ihr eigenes Schönheitsempfinden haben, weil sie nicht so sein wollen. 27 Prozent nehmen sie sich zum Vorbild, nur zwei Prozent möchten unbedingt so sein, wie die Influencer der Plattform.

Allgemeine Aussagen sind nicht möglich

Man merkt, wie sich dieser Text windet, Antworten zu finden. Und sie nicht geben kann. Etwas anderes war aber auch nicht zu erwarten. Schönheit ist individuell, in uns drin und trotzdem sichtbar, am Ende entscheidet jeder selbst: Finde ich mich schön? Ja? Nein? Wenn nein, lasse ich mich davon ins Bockshorn jagen oder nicht? Tue ich anderen weh, wenn sie in meinen Augen nicht schön sind, oder lasse ich sie so sein, wie sie sein wollen? Jeder strebt nach Schönheit, hat andere Ideale.

Die Serie „Körpergefühle“
Fragen rund um den erwachsen werdenden Körper und die Selbstfindung werden in der Serie „Körpergefühle“ verhandelt. Den Anfang macht die Frage „Was ist schön?“ Im Laufe der nächsten Wochen werden wir uns noch mit Jugendpsychologen unterhalten. Wir werden den Einfluss von Instagram auf das Selbstbild von jungen Menschen analysieren, im Selbsttest herausfinden, ob es wirklich sinnvoll ist, sich nur um sich selbst zu kümmern und Schönheitsideale kommentieren. Viele Befragte gaben in der Online-Umfrage an, sich besser zu fühlen, wenn sie sich gut gestylt haben. Auch in der Natur ist das Phänomen weit verbreitet, insbesondere unter Vögeln. Deswegen schmücken vier Federn jeden Artikel, der zur Serie Körpergefühle gehört.

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Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.

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